Leitsatz (amtlich)

1. § 13 Abs. 1 Satz 1 HGB verpflichtet nicht zur Eintragung einer ausländischen und im ausländischen Register (hier: Luxemburg) eingetragenen Zweigniederlassung in das Handelsregister des inländischen (deutschen) Unternehmens.

2. Das Gesuch um Eintragung einer ausländischen Zweigniederlassung ist auch nicht auf eine aufgrund Gesetzes oder aus dem Gesichtspunkt eines unabweisbaren Bedürfnisses eintragungsfähige Tatsache gerichtet.

3. Den Zwecken des Handelsregisters ist - auch unter Berücksichtigung des Europarechts - hinreichend Rechnung getragen, wenn sowohl die Hauptniederlassung bzw. Gesellschaft als auch die Zweigniederlassungen in dem Handelsregister eines Gerichts desjenigen Landes eingetragen werden, in dem sie belegen sind.

 

Normenkette

HGB § 13 Abs. 1 S. 1, § 13d-g; 11. Richtlinie 89/666/EWG

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 25.06.2009; Aktenzeichen 21 T 55/09)

AG Duisburg (Aktenzeichen HRB 17564)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000 EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat die Eintragung einer Zweigniederlassung in Luxemburg sowie von drei, auf diese Zweigniederlassung beschränkten Filialprokuren angemeldet. Sie hat - im Einzelnen belegt - geltend gemacht, das Handelsregister in Luxemburg habe sowohl die Zweigniederlassung als auch die Prokuren auf entsprechende Anmeldung ihrerseits bereits eingetragen. Zur weiteren Begründung hat die Antragstellerin u.a. vorgebracht, zwar entspreche es wohl einhelliger Auffassung, dass ausländische Zweigniederlassungen inländischer Unternehmen nicht im deutschen Handelsregister eingetragen werden könnten, doch sei der einzige hierfür als tragend in Betracht kommende Grund jedenfalls infolge der Novellierungen des § 13 HGB weggefallen.

Die Tatsachengerichte haben die Eintragung der Zweigniederlassung und aus diesem Grunde auch diejenige der Filialprokuren abgelehnt.

Gegen die Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde wendet sich die Antragstellerin nunmehr mit ihrem weiteren Rechtsmittel.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Das nach §§ 27 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 1, 29 FGG als weitere Beschwerde statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die Entscheidung des LG im Ergebnis nicht auf einer Rechtsverletzung i.S.d. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO beruht.

Die Antragstellerin kann mit ihrem Begehren nur Erfolg haben, wenn sich die von ihr gewünschte Eintragung auf eintragungspflichtige Tatsachen oder eintragungsfähige, aber nicht eintragungspflichtige (anmeldepflichtige) Tatsachen bezieht. Beides ist nicht der Fall.

1. § 13 Abs. 1 Satz 1 HGB kann nicht so ausgelegt werden, dass die Eintragung einer ausländischen und im ausländischen Register eingetragenen Zweigniederlassung im Handelsregister des inländischen Unternehmens verpflichtend wäre. Hiergegen spricht, dass dies hinsichtlich der ausländischen Zweigniederlassung zu einer Pflicht der doppelten registergerichtlichen Anmeldung führen, damit ausländische gegenüber inländischen Zweigniederlassungen diskriminieren und die europarechtliche Niederlassungsfreiheit verletzen würde.

2. Näher in Betracht kommt allein, dass die Eintragung einer ausländischen Zweigniederlassung - einschließlich hierfür bestehender Handlungsvollmachten - auf eine jedenfalls eintragungsfähige Tatsache gerichtet wäre.

a) Eine eintragungsfähige, aber nicht eintragungspflichtige Tatsache aufgrund Gesetzes liegt nicht vor.

Eintragungsfähig ohne Anmeldepflicht sind kraft Gesetzes nur wenige ausdrücklich genannte Tatsachen (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl. 2008, § 8 Rz. 5 a.E.; Ebenroth u.a.-Pentz, HGB, 2. Aufl. 2008, § 8 Rz. 75). Eine solche Benennung enthält § 13 HGB nicht.

b) Eintragungsfähig kann eine Tatsache allerdings auch ohne gesetzliche Normierung sein.

aa) Dem Handelsregister kommt eine Publizitätsfunktion zu: Es hat die Aufgabe, wesentliche Rechtsverhältnisse der Unternehmer und Unternehmen zu offenbaren und über im Handelsverkehr rechtserhebliche Tatsachen zutreffend Auskunft zu geben. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer Vollständigkeitsgewähr zu verstehen, denn ein lückenloses Bild der Unternehmer und Unternehmen kann das Register schon deshalb nicht vermitteln, weil es sonst unübersichtlich würde und seine Funktion, rasche und verständliche Informationen zu bieten, nicht erfüllen könnte. Nur in dem so begrenzten Rahmen können durch Auslegung gesetzlicher Vorschriften, durch Analogie oder richterliche Rechtsfortbildung bestimmte Tatsachen auch ohne gesetzliche Normierung jedenfalls als eintragungsfähig - wenn nicht gar zugleich in der Regel anmeldepflichtig - angesehen werden (Ebenroth u.a.-Pentz, a.a.O., Rz. 48, 58, 71 und 76 m.w.N.). Mit anderen Worten muss jenen Umständen im Einzelfall eine derartige Bedeutung zukommen, dass die Gefahr der Überfrachtung des Handelsregisters zurückzutreten hat, muss mithin ein unabweisbares Bedürfnis für ihre Eintragung bestehen (Staub-J. Koch, Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009...

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