Leitsatz (amtlich)

1. Gegenstand der Überprüfung der Berechtigung einer Zweifelsvorlage im Beschwerdeverfahren ist nicht eine Eintragung (hier: Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt im Geburtenregister) bzw. deren Versagung, sondern, ob die Zweifel, derentwegen die Vorlage erfolgt, bei verständiger Würdigung Ausdruck einer rechtlichen oder tatsächlichen Unsicherheit des Standesamts in Bezug auf seine Verpflichtung zur Vornahme der nachgesuchten Amtshandlung sind.

2. Die Entscheidung des Standesamts, das nur beurkunden darf, wenn es aufgrund der beigebrachten Beweismittel die Überzeugung erlangt hat, dass sich der Personenstandsfall (hier: Auslandsgeburt eines deutschen Staatsangehörigen) tatsächlich ereignet hat und bei unvollständigen nur die erwiesenen Angaben einzutragen hat, unterliegt bei der Entscheidung was es letztlich zu seiner Überzeugungsbildung ausreichen lässt, pflichtgemäßem Ermessen, wobei nur berechtigte, das heißt durch Tatsachen veranlasste vernünftige, Zweifel in die Gewichtung einzubeziehen sind.

3. Legen Personenstandsbehörden (Standesamt und Standesamtsaufsicht) zur geburtsregisterrechtlichen Aufbereitung und Klärung eines vom Antragsteller veranlassten komplizierten Lebenssachverhalts (hier: Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt durch eine indische Austragemutter) - letztlich erfolglos Rechtsmittel (hier gegen die Zurückweisung einer Zweifelsvorlage) ein, so kann es unbillig sein, die allein im öffentlichen Interesse tätig werdende Behörde mit einer Erstattungsanordnung zu belasten.

 

Normenkette

PStG §§ 9, 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 36 Abs. 1 S. 1, § 49 Abs. 2, § 51 Abs. 1 S. 1, § 51 S. 2; FamFG § 84; StAG § 4 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 19 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 1591, 1592 Nr. 2, § 1595 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 28.02.2012; Aktenzeichen 96 III 24/11)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 3 lebt in einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft. Da sein Partner und er ein gemeinsames Kind haben wollten, begab sich der Beteiligte zu 3 nach Indien, erwarb in einem Krankenhaus eine Eizelle, die er mit seinem Samen befruchten ließ, und ließ die befruchtete Eizelle in Indien vereinbarungsgemäß der dort lebenden indischen Staatsangehörigen R. S. Sh. einsetzen, die nicht die genetische Kindesmutter ist, sich aber gegen Entgelt bereit erklärt hatte, das Kind auszutragen.

Am 3.3.2010 brachte die Leihmutter in Mumbay/Indien eine Tochter zur Welt; die Leihmutter verzichtete auf das Kind und stimmte der Vaterschaft des Beteiligten zu 3, die inzwischen durch ein DNA-Gutachten nachgewiesen ist, zu.

Die Deutsche Botschaft in New Delhi, die zunächst die Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung und Sorgeerklärung wegen Zweifeln an der Abstammung (nicht abschließend geklärte Mutterschaft, Identität und Ledigkeit der Kindesmutter) abgelehnt hatte, verpflichtete sich am 17.6.2011 durch einen Vergleich vor dem VG Berlin (VG 34 K 9.11), eine Vaterschaftsanerkennung und eine Sorgeerklärung zu beurkunden, wenn der Beteiligte zu 3 und R. Sh. in der Botschaft in New Delhi persönlich erscheinen und dort eine notariell beurkundete Erklärung des Bruders der R. Sh. vorlegen, wonach diese ledig ist und im Jahr 2009 und danach nicht verheiratet war und bereits eingereichte Identitätsnachweise (Einkommensteuerkarte und Wahlkarte) nochmals im Original mitbringt und vorlegt. Die Beurkundung erfolgte am 14.7.2011.

Der in Neuss wohnhafte Beteiligte zu 3 reiste mit seiner Tochter nach Deutschland, beantragte im August 2011 beim Standesamt Neuss im Wege der Nachbeurkundung die Eintragung der Geburt seiner Tochter J.. Zugleich suchte er beim AG - Familiengericht - Neuss um das alleinige Sorgerecht nach, - welches ihm inzwischen durch Beschluss vom 22.11.2011 (45 F 309/11) zugesprochen worden ist.

Auf Nachfrage des Standesamtes erklärte die deutsche Botschaft in New Delhi weiter Zweifel an der Abstammung des Kindes; aus ihrer Sicht sei nicht auszuschließen, dass die als Mutter in der Geburtsurkunde eingetragene R. Sh. selbst als "Leihmutter" gemietet worden sei, das Kind von einer unbekannten Leihmutter ausgetragen worden und demnach nicht mit dem Beteiligten zu 3 verwandt sei.

Der Beteiligte zu 2 hat das AG im Wege der Zweifelsvorlage um Entscheidung gebeten und ausgeführt, aus personenstandsrechtlicher Sicht wäre die Frau, die in der indischen Geburtsurkunde eingetragen ist, auch im deutschen Register als Mutter zu beurkunden; aus Art. 19 EGBGB folge kein anders Ergebnis; in diesem Fall würde auch die Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3 Wirkung entfalten und wäre dieser als Vater im Geburtenregister einzutragen. Eine hier anzunehmende nach deutschem Rechts verbotene Leihmutterschaft könne indes nicht über eine Geburtsbeurkundung personenstandsrechtlich legalisiert werden. Die Regelung des § 21 PStG verlange die Eintragung von Vor- und Familienamen der Eltern in den Geburtseintrag des Kindes. Problemlos seien mit Blick auf § 1591 BGB gleichwohl Geburten zu beur...

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