Leitsatz (amtlich)

1. In sog. Leihmutterschaftsfällen mit mehrfachem Auslandsbezug (Durchführung der Leihmutterschaft in Indien und Feststellung der alleinigen Vaterschaft des Wunschvaters in Israel) ist auch die ausländische Gerichtsentscheidung über die Feststellung der rechtlichen Verwandschaft eines einzelnen Wunschelternteils nach deutschem Recht anerkennungsfähig (Fortführung von BGH Beschl. v. 10.12.2014 - XII ZB 463/13).

2. Registerrechtlich ist de lege lata eine Eintragung des Wunschvaters jedoch nur im Wege der Folgebeurkundung nach Voreintragung der (namentlich bekannten) Leihmutter und deren Ehemannes oder als Eintragung mit erläuterndem Zusatz über die Leihmutterschaft möglich.

 

Normenkette

FamFG § 108 Abs. 1, § 109 Abs. 1 Nr. 4; PStG § 49; PStV § 35 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 07.03.2016; Aktenzeichen 71a III 354/15)

 

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Beschwerdewert von 5.000,- Euro zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 2 ist am 07.7.2013 in Mumbai (Indien) von einer dort lebenden Leihmutter im Wege der Invitrofertilisation geboren worden. Am 10.10.2012 hatte der Beteiligte zu 1 mit der namentlich bekannten Leihmutter vor einem indischen Notar einen schriftlichen Leihmutterschaftsvertrag geschlossen, in dem auch der Ehemann der Leihmutter seine Zustimmung erklärte. Unter demselben Datum erklärte die Leihmutter in einem Affidavit ihren Verzicht auf sämtliche Elternrechte und stimmte der Übernahme sämtlicher Elternrechte durch den Beteiligten zu 1 als natürlicher Vater des künftigen Kindes zu. Eine gleichlautende Erklärung gab der Ehemann der Leihmutter ab. Die Geburt des Kindes wurde im Geburtenregister der Stadtverwaltung von Groß-Mumbai am 16.7.2013 mit den Einträgen "Name der Mutter UNBEKANNT" und "Name des Vaters: Herr U.O." und der Angabe einer Adresse in Israel als "ständige Adresse der Eltern" registriert. Der Beteiligte 1 besitzt die deutsche und die israelische Staatsangehörigkeit. Wenige Tage nach seiner Geburt reiste der Beteiligte zu 2 von Mumbai nach Israel. Mit Urteil vom 05.8.2013 hat das Familiengericht von P.T.(Israel) auf Antrag des Beteiligten zu 1 unter dem Rubrum "O.gegen Rechtsberater der Regierung" aufgrund eines zuvor eingeholten medizinischen Vaterschaftsgutachtens festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 der Vater des Beteiligten zu 2 ist.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beim Beteiligten zu 3 beantragt, die Geburt des Beteiligten zu 2 mit der Maßgabe zu beurkunden, dass der Beteiligte zu 1 als einziger Elternteil und als Vater eingetragen wird. Mit Bescheid vom 30.4.2015 hat der Beteiligte zu 3 die Nachbeurkundung der Geburt des Beteiligten zu 2 abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Anweisung durch das Gericht gem. § 49 Abs. 1 PStG hat das AG Schöneberg durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beteiligte zu 2 nicht durch den Beteiligten zu 1 vertreten werden könne. Zwar habe der Beteiligte zu 2 über den Beteiligten zu 1 auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben, sodass eine Beurkundung der Geburt im Geburtenregister des Standesamts grundsätzlich zulässig sei. Unzulässig sei es jedoch, den Beteiligten zu 1 als einzigen Elternteil einzutragen. Mutter des Kindes sei die indische Leihmutter. Weil sich die Abstammung des Kindes nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts richte, sei nach deutschem Recht (Art. 19 EGBGB) als Mutter des Kindes die Frau anzusehen, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Dies sei die aus dem Leihmutterschaftsvertrag namentlich bekannte indische Leihmutter.

Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt, die am 12.4. beim AG eingegangen ist. Zur Begründung führen sie aus: Der Antrag des Beteiligten zu 2 sei zulässig, weil dieser wirksam durch seinen Vater, den Beteiligten zu 1, vertreten werde. Das Urteil des Familiengerichts P.T.stelle nicht nur die Vaterschaft des Beteiligten zu 1 fest, sondern diesem sei zusätzlich die Wirkung beizulegen, dass die Frau, die das Kind geboren habe, nicht dessen rechtliche Mutter sei.

Im Beschwerdeverfahren hat die Beteiligte zu 4 erklärt, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen des OVG Münster in einem Parallelfall (OVG Münster, Urteil v. 14.07.2016 - 19 A 2/14 -, FamRZ 2016, 2130 ff), der Angaben der deutschen Botschaft in Israel und des Inhalts eines Rechtsgutachtens der israelischen Rechtsanwaltskanzlei S.zum Recht der Leihmutterschaft in Israel auch sie davon ausgehe, dass das Urteil des israelischen Familiengerichts nicht nur die Vaterschaft des Beteiligten zu 1 feststelle, sondern durch dieses auch die Mutterschaft der indischen Leihmutter beseitigt worden sei. Dies ändere jedoch nichts daran, dass im Haupteintrag des Geburtsregisters zunächst die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt zu beurkunden seien, weshalb die Voreintragung der indischen Leihmutter als Mutter und ggfs. ihres im Leihmutterschaftsvertrag benannten Ehemannes als Vater erforderlich sei.

II. Die Beschwerde ist zulässi...

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