Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist im Fall der Verwirkung von Trennungsunterhalt wegen anwaltlichen Fehlverhaltens

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle der Verwirkung von Trennungsunterhalt wegen anwaltlichen Fehlverhaltens begann die dreijährige Verjährungsfrist des Ersatzanspruchs ein Jahr nach Fälligkeit des Unterhalts, und zwar bezüglich aller späteren Unterhaltsschäden.

 

Normenkette

BRAO a.F. § 51b 1. Alt.; BGB § 1361

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.05.2005; Aktenzeichen 6 O 247/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.5.2005 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Berufungsstreitwert wird auf 82.915,13 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das LG hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage (82.915,13 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) zu Recht abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine günstigere Entscheidung. Zur Begründung und zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf das angefochtene Urteil und die Erwägungen des Senats in seinem Hinweisbeschluss vom 11.11.2005 (nachfolgend Hinweisbeschluss genannt) Bezug genommen.

I. Dort hat der Senat das Folgende ausgeführt:

"Unentschieden bleiben kann der unter den Parteien im ersten Rechtszug in erster Linie geführte Streit darüber, ob die Beklagte die Klägerin tatsächlich zum Trennungsunterhalt defizitär beraten und/oder vertreten hat (Pflichtverletzung) und ob der Klägerin daraus ein Schaden in Gestalt des Verlustes begründeter Trennungsunterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann in der Zeit von Mitte Dezember 1994 (Verzugseintritt) bis 8.2.2001 (Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung) entstanden ist (Kausalität). Diese Fragen können deshalb unbeantwortet bleiben, weil denkbare Schadensersatzansprüche der Klägerin entgegen der im angefochtenen Urteil (eher beiläufig) geäußerten Ansicht jedenfalls verjährt sind und deshalb gegen den geäußerten Willen der Beklagten nicht mehr durchsetzbar sind, § 214 Abs. 1 BGB.

1. Gemäß § 51b BRAO, der im Streitfall in seiner bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung noch anzuwenden ist (Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 1 EGBGB), verjähren gegen Rechtsanwälte gerichtete vertragliche Schadensersatzansprüche (unabhängig davon, ob der Mandant Kenntnis von der Pflichtverletzung und/oder vom Schadenseintritt erhält oder nicht, vgl. BGH v. 21.6.2001 - IX ZR 73/00, MDR 2001, 1381 = BGHReport 2001, 746 = NJW 2001, 3543 sub Nr. II. 2d) nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab Entstehung des Schadens (1. Altn.), spätestens aber drei Jahre nach Ende des Mandats, wenn bis dahin der Schaden noch nicht entstanden sein sollte (2. Altn.). Nach der sog. "Risiko-Schaden-Formel" entsteht ein Schaden dann, wenn er infolge einer (primären) Pflichtverletzung des Rechtsanwalts wenigstens dem Grunde nach entstanden ist, mag er auch der Höhe nach noch nicht bezifferbar sein. Ein solcher Fall tritt ein, wenn sich die Vermögenslage des Mandanten in feststellbarer Weise verschlechtert, ohne dass feststehen muss, ob der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder ob mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist und nicht nur eine erhöhte Risikolage eingetreten ist, die noch keinen Schaden entstehen lässt (vgl. zuletzt BGH NJW 2006, 1143, BGH v. 23.6.2005 - IX ZR 197/01, BGHReport 2005, 1585 = MDR 2006, 178 = WM 2005, 1869 = BB 2005, 2152 m.w.N.; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rz. 1234; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht Rz. 628 ff.; Henssler/Prütting, BRAO, 2. Aufl., § 51b Rz. 41 jew. m.w.N.)

2. Unter Anlegung dieses Maßstabs ist im Streitfall zur Berechnung der Verjährungsfrist des (primären) Schadensersatzanspruchs § 51b, 1. Altn. BRAO einschlägig, wonach die dreijährige Verjährungsfrist mit der Entstehung des Schadens beginnt. Schaden ist nämlich nach der Behauptung der Klägerin schon im Oktober 1996 entstanden; zu diesem Zeitpunkt trat die Verwirkung behaupteter Trennungsunterhaltsansprüche aus der Zeit von Mitte Dezember 1994 bis September 1995 ein. Die weiteren Unterhaltsansprüche verwirkte die Klägerin sukzessiv jeweils ein Jahr nach Eintritt von deren Fälligkeit, ohne dass dadurch jeweils eine neue Verjährungsfrist für die Folgeschäden in Gang gesetzt worden wäre. Der primäre Schadensersatzanspruch verjährte deshalb bereits im Oktober 1999.

a) Die angebliche Schadensentstehung soll darauf beruhen, dass es die Beklagte vertragswidrig unterließ, begründete Trennungsunterhaltsansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann gerichtlich geltend zu machen, weshalb Verwirkung eingetreten sei. Entgegen der Meinung der Klägerin ist die Verwirkung der frühesten Ansprüche aber nicht erst im Jahre 1998 (rund 3 Jahre nach Auftragserteilung im Dezember 1994), sondern bereits im Oktober 1996 eingetreten.

aa) Ein Anspruch ist verwirkt, wenn er längere Zeit hin...

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