Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Änderung einer in der Teilungserklärung für ein Teileigentum als „Büroräume” festgelegten Nutzungsbestimmung kann gegeben sein, wenn eine reale Möglichkeit, das Teileigentum entspr. zu nutzen oder zu verwerten, nicht besteht und die Nutzung als Wohnung die übrigen Wohneinheiten nicht mehr beeinträchtigt als eine Nutzung als Büroräume.

 

Normenkette

WEG § 10; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 10 T 30/02)

AG Wuppertal (Aktenzeichen 93 UR II 180/01 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde fallen den Beteiligten zu 2) zur Last. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 5.112,92 Euro.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 3) bilden die im Rubrum genannte Eigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 1) ist Teileigentümerin von Räumlichkeiten im Erdgeschoss der Anlage, die in der Teilungserklärung vom 17.10.1983 als „Büroräume” bezeichnet sind. Bis zum Sommer 2000 hat die Beteiligte zu 1) dort mit ihrem Ehemann ein Versicherungsbüro betrieben, welches sie aus Altersgründen geschlossen haben. Die Beteiligten zu 2) sind Sondereigentümer einer über dem Teileigentum der Beteiligten zu 1) gelegenen, vermieteten Wohnung mit Balkon.

Die Beteiligte zu 1) hat im vorliegenden Verfahren beantragt, die Beteiligten zu 2) zu verpflichten, ihre Zustimmung zu einer Änderung der Teilungserklärung des Notars Dr. W. vom 17.10.1983, UR.-Nr. …/83, mit dem Inhalt zu erteilen, dass das in dem der Teilungserklärung beiliegenden Aufteilungsplan mit Nr. 8 bezeichnete Sondereigentum als Wohnungseigentum i.S.d. § 3 Ziff. 1a der Teilungserklärung genutzt werden darf. Sie hat geltend gemacht, seit Sommer 2000 vergeblich versucht zu haben, das Teileigentum zu verkaufen. An der Nutzung als Büro sei jedoch niemand interessiert gewesen; ein Kaufinteressent habe den Erwerb davon abhängig gemacht, dass die Nutzung als Wohnraum rechtssicher festgestellt sei.

Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1) hat sofortige Beschwerde eingelegt. Nach Vernehmung des mit der Vermittlung der Räumlichkeiten beauftragten Maklers G. D. hat das LG den Beschluss des AG abgeändert und die Beteiligten zu 2) antragsgemäß verpflichtet, ihre Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung zu erteilen. Gegen den Beschluss des LG wenden sich die Beteiligten zu 2) mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde.

Die Beteiligte zu 1) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die gem. §§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, §§ 27, 22 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist nicht begründet, denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.

1. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Anspruch der Beteiligten zu 1) auf Erteilung der Zustimmung zur Änderung der Teilungserklärung ergebe sich aus der zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht, da die Versagung der Zustimmung wegen außergewöhnlicher Umstände grob unbillig sei und damit ein Festhalten an der bestehenden Regelung gegen Treu und Glauben verstoße. Zwar müsse sich grundsätzlich jeder Eigentümer darauf verlassen können, dass das in der Teilungserklärung einmal Vereinbarte gilt und nicht ständig unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Änderung aus Billigkeitsgesichtspunkten stehe. Vorliegend sei allerdings ein besonderer Ausnahmefall gegeben. Die Wohnanlage befinde sich in einem im Wesentlichen aus der Gründerzeit stammenden Stadtviertel mit vielen mehrgeschossigen Jugendstilhäusern, die durchweg zu privaten Wohnzwecken genutzt würden. Hierauf werde auch von städtebaulicher und städteplanerischer Seite viel Wert gelegt, um den Charakter des Viertels zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt sei auch die Regelung der Teilungserklärung zu betrachten, wonach ein Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufs in seiner Wohnung die schriftliche Einwilligung des Verwalters benötige. Diese Regelung zeige zugleich, dass die Teilungserklärung davon ausgehe, dass eine gewerbliche Nutzung störender sei als eine Nutzung zu Wohnzwecken. Etwaige Störungen durch Aufenthalte der Eigentümer auf der zu dem Teileigentum gehörenden Terrasse seien bei einer Nutzung der Räume zu Wohnzwecken nicht höher zu veranschlagen als Beeinträchtigungen, die sich bei einem Bürobetrieb ergäben; insoweit müsse berücksichtigt werden, dass nicht nur ein Versicherungsbüro o.Ä. in Betracht komme, sondern auch etwa ein Betrieb zur Vermietung von Kraftfahrzeugen o.Ä., der erheblichen Publikumsverkehr zur Folge habe. Schließlich sei auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Festhalten an der geltenden Teilungserklärung nicht hinnehmbar; die Veräußerung als Bürofläche sei erfolglos versucht worden, während die Chancen eines Verkaufs als Wohnungseigentum; günstiger seien. Es sei gerichtsbekannt, dass in Wuppertal kein Interesse an Büror...

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