Leitsatz

Ausnahmsweise begründeter Anspruch auf Änderung der Zweckbestimmungsvereinbarung in der Teilungserklärung (hier: Nutzungs-Umwidmung von Büro-Teileigentum als Wohnung)

 

Normenkette

(§ 10 WEG; § 242 BGB)

 

Kommentar

  1. Ein Anspruch auf Änderung einer in der Teilungserklärung für ein Teileigentum als "Büroräume" festgelegten Nutzungsbestimmung kann gegeben sein, wenn eine reale Möglichkeit, das Teileigentum entsprechend zu nutzen oder zu verwerten, nicht besteht und die Nutzung als Wohnung die übrigen Wohnungseigentümer nicht mehr beeinträchtigt, als eine Nutzung als Büroräume.
  2. Vorliegend konnte der Eigentümer sein Büro-Teileigentum in seiner Wohnanlage nicht entsprechend vermieten bzw. veräußern. Zwar liegt die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Eigentums regelmäßig in der Risikosphäre des betreffenden Eigentümers; vorliegend ist diese Verwertbarkeit krass eingeschränkt durch eine Nutzungsbestimmung, die sich in Ansehung der örtlichen Gegebenheiten und auch nach dem Verständnis der Teilungserklärung als Ausnahme darstellt, während die beantragte Umwidmung des Teileigentums in Wohnungseigentum dem Regelfall entspricht und mit ihr die größeren Verwertungschancen verbunden sind. Wenn ohne eine solche Änderung das Eigentum eines Teileigentümers wirtschaftlich praktisch wertlos wird, sind ausnahmsweise auch wirtschaftliche Gesichtspunkte in eine Güterabwägung bei beantragter Zweckbestimmungsänderung einzubeziehen. Vorliegend ist auch entgegen der Ansicht des LG nicht von einer intensiveren Nutzung der Räume als Wohnung gegenüber einer Büronutzung auszugehen; auch eine Büronutzung kann sehr publikumsintensiv sein (ggf. auch ohne Bindung an übliche Bürozeiten). Von einer mehr als unvermeidlichen Beeinträchtigung der restlichen Eigentümer kann deshalb nicht ausgegangen werden. Einem Teileigentümer kann auch nicht zugemutet werden, sein Eigentum "zu verschleudern".
 

Link zur Entscheidung

(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2003, 3 Wx 381/02)

Anmerkung

Diese "liberale" Senatsentscheidung erscheint mir aufgrund der offensichtlich schwierigen Situation einer Verwertung von Büroräumen im Wuppertaler Raum schon aus wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten durchaus vertretbar. Auch in rechtlicher Hinsicht wurden hier wohl zu Recht keine vermehrten Beeinträchtigungen anderer Eigentümer in Folge einer solchen Umwidmung von Büro- in Wohnungseigentum angenommen; begründet wurde dies auch mit dem Hinweis, dass in der Teilungserklärung dieser Anlage ein Wohnungseigentümer die Zustimmung des Verwalters einzuholen hat, wenn er seine Wohnräume beruflich oder gewerblich nutzen wollte; aus dieser Vereinbarung werde hinreichend deutlich, dass die Nutzung der in der Wohnanlage befindlichen Räumlichkeiten zu Wohnzwecken beabsichtigt war, weil eine solche grundsätzlich als weniger störend empfunden werde, als eine Nutzung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken.

Das Entscheidungsergebnis entspricht auch meinen Äußerungen in PiG, Band 63, 2002, Seiten 227 ff. (Vortrag "Fischen" Okt. 2001) unter Hinweis auf § 242 BGB (Treu und Glauben), Seiten 242 ff. Weniger "großzügig" und formalistisch "strenger" entschied allerdings bisher bei ähnlicher Sachverhaltskonstellation das BayObLG in den letzten Jahren, beginnend mit Entscheidung BayObLG v. 05.12.1985, BReg 2 Z 67/85, NJW-RR 1986, 244. Vgl. auch OLG Köln v. 9.11.2002, 16 Wx 128/02, NZM 2003, 115.

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