Verfahrensgang

Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln (Beschluss vom 10.06.2009; Aktenzeichen VK VOL 9/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 10.6.2009 (VK VOL 9/2009) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB werden der Antragstellerin auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 70.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner schrieb zunächst im nichtoffenen Verfahren, dann im offenen Verfahren und schließlich im Verhandlungsverfahren, dies Anfang Juli 2008, die Ausstattung der Klinik für Gastroenterologie u.a. mit Endoskopie-geräten sowie mit einer Vielzahl anderer, medizinischen Zwecken dienender Geräte aus. Eine losweise Vergabe war nicht vorgesehen.

Position 1.50 der Leistungsbeschreibung betrifft die Lieferung eines Video-Endoskopsystems, wobei vorgegeben worden war:

Ballonsystem aus Silikongummi und/oder PU (latexfrei).

Gemäß Positionen 4.10 und 4.20 der Leistungsbeschreibung sollten außerdem insgesamt drei Video-Ultraschall-Gastroskope geliefert werden. Die Beschallung sollte über einen wassergefüllten Ballon erfolgen. Hinsichtlich des Ballonmaterials waren keine Erfordernisse (insbesondere Latexfreiheit) genannt.

Die Antragstellerin beteiligte sich an der Ausschreibung. Sie konnte im Gegensatz zur Beigeladenen allerdings kein Video-Endoskopsystem mit latexfreiem Ballon, wohl aber Video-Ultraschall-Gastroskope ausschreibungskonform anbieten. Der Antragsgegner schloss ihr Angebot u.a. deswegen von der Wertung aus.

Im dagegen gerichteten Nachprüfungsverfahren haben die Verfahrensbeteiligten insbesondere über die Zulässigkeit der unterbliebenen Losaufteilung und einer produktorientierten Ausschreibung gestritten. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, durch das Absehen von einer Losaufteilung und die Vorgabe eines latexfreien Ballonmaterials beim Video-Endoskopsystem habe der Antragsgegner den Wettbewerb, namentlich ihre chancengleiche Beteiligung an der Ausschreibung, verhindert. Die Antragstellerin hat begehrt, dem Antragsgegner zu untersagen, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, und angestrebt, dass das Vergabeverfahren aufgehoben, jedenfalls aber die Angebotswertung unter Berücksichtigung ihres Angebots wiederholt wird. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag abschlägig beschieden. Auf die Gründe ihrer Entscheidung wird verwiesen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, dem Antragsgegner zu untersagen, im gegenwärtigen Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen, hilfsweise, andere geeignete Maßnahmen zu treffen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene verteidigen die Entscheidung der Vergabekammer.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen. Die Vergabeakten und die Verfahrensakten der Vergabekammer waren beigezogen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag ist von der Vergabekammer mit Recht zurückgewiesen worden. Er ist unbegründet.

1. a) Was die in der Leistungsbeschreibung vorgegebene Latexfreiheit des Ballons zum Video-Endoskopsystem anbelangt (Position 1.50), scheitert der Nachprüfungsantrag allerdings nicht an einer Nichtbeachtung der Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB (a.F.). Das Verhandlungsverfahren, welches die Grundlage für die Vergabeentscheidung bilden soll, ist vom Antragsgegner erst durch Mitteilung vom 1.7.2008 eingeleitet worden. Vorher war nicht zu erkennen, dass am Erfordernis eines latexfreien Ballonsystems festgehalten werden sollte. Diese vom Antragsgegner weiterhin gestellte Anforderung hat die Antragstellerin unter dem 3.7.2008 unverzüglich gerügt.

b) Die auf eine insoweit ungerechtfertigte Leistungsanforderung abzielende Beanstandung der Antragstellerin ist in der Sache jedoch unbegründet.

aa) Nach § 8a Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOL/A darf der öffentliche Auftraggeber in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen technische Anforderungen an die Lieferung oder Dienstleistung stellen (hier "Ballonsystem latexfrei" in Position 1.50 der Leistungsbeschreibung). Nur darf er ein Angebot, das u.a. einer nationalen Norm, mit der eine europäische Norm umgesetzt wird, oder einer europäischen technischen Zulassung entspricht, nicht zurückweisen, wenn die darin oder in entsprechenden Normungen vorgenommenen technischen Spezifikationen die von ihm geforderten Leistungs- oder Funktionsanforderungen betreffen. Jedoch hat der Bieter nach Satz 2 dieser Vorschrift mit geeigneten Mitteln nachzuweisen, dass die der Norm entsprechende Ware oder Dienstleistung den Leistungs- oder Funktionsanforderungen des Auftraggebers entspricht. Die wiedergegebenen Bestimmungen der VOL/A stimmen mit den Regelungen in Art. 23 ...

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