Tenor

1.

Der angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Wuppertal zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines roten Wechsellichtzeichens mit Sachbeschädigung zu einer Geldbuße von 250 Euro verurteilt.

Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die sich auf die Sachrüge stützt.

II.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

Die in dem angefochtenen Urteil festgestellten Umstände rechtfertigen das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 BKatV i.V.m. Nr. 132.2 BKat) nicht.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu wie folgt Stellung genommen:

"Zwar unterliegt die Entscheidung, ob trotz Vorliegens eines Regelfalles der konkrete Sachverhalt Ausnahmecharakter hat und dementsprechend von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann, nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (zu vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1992 - 4 StR 367/91 in NZV 1992, 286, 288). Diesem ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, das nur auf Vorliegen von Ermessensfehlern hin vom Rechtsbeschwerdegericht überprüfbar ist, sondern der dem Tatrichter verbleibende Entscheidungsspielraum ist durch gesetzlich niedergelegte und von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt auch hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht, und zwar insbesondere hinsichtlich der Annahme der Voraussetzungen eines Durchschnittfalles oder Regelfalles, zu der auch die Frage der Verhängung bzw. des Absehens der Verhängung des Regelfahrverbotes nach der Bußgeldkatalogverordnung zu zählen ist.

Von der Anordnung eines Fahrverbotes kann gemäß § 4 Abs. 4 BKatV in Einzelfällen abgesehen werden, in denen der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen so erhebliche Abweichungen vom Normalfall aufweist, dass die Annahme eines Ausnahmefalles gerechtfertigt ist und die Verhängung eines Fahrverbotes trotz der groben bzw. beharrlichen Pflichtverletzung unangemessen wäre, wobei das Vorliegen erheblicher Härten oder einer Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher und durchschnittlicher Umstände ausreicht. Einen solchen Ausnahmefall können nur Härten ganz außergewöhnlicher Art, wie z.B. drohender Verlust des Arbeitsplatzes oder einer sonstigen wirtschaftlichen Existenzgrundlage begründen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juli 2008, IV - 5 Ss-OWi 143/08 - (OWi) 66/08 IV). Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge eines angeordneten Fahrverbotes rechtfertigen dagegen das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots nach der Bußgeldkatalogverordnung nicht.

Eine existentielle Gefährdung des Betroffenen durch die Verhängung eines Fahrverbotes ergibt sich aus den maßgeblichen Urteilsfeststellungen nicht. Zwar hat das Amtsgericht ausgeführt, der Beschwerdeführer - von Beruf Werkzeugeinrichter mit wechselnden Arbeitsstellen - benötige beruflich seinen Führerschein. Diese Feststellungen reichen indes nicht aus, um von einer Existenzgefährdung ausgehen zu können. Berufliche und wirtschaftliche Schwierigkeiten als Folge eines angeordneten Fahrverbotes hat ein Betroffener regelmäßig hinzunehmen. Derartige Nachteile rechtfertigen für sich genommen kein Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbotes (Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Burmann, StVG, 21. Auflage 2010, § 25, Rdnr. 31 m.w.N.). Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, warum es dem Betroffenen nicht möglich sein sollte, für die Zeit des Fahrverbotes seinen Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen und im Übrigen öffentliche Verkehrsmittel oder Taxen zu benutzen oder eine Aushilfskraft zum Führen des benötigten Fahrzeugs einzustellen. Für hierdurch auftretende finanzielle Belastungen muss der Betroffene notfalls einen Kredit aufnehmen, denn derartige Belastungen durch einen Kredit, der in kleineren für den Betroffenen tragbaren Raten abgetragen werden kann, und der sich im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Dauer eines Fahrverbots von einem Monat in überschaubaren Grenzen bewegt, sind grundsätzlich hinzunehmen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 1. Juli 2008, IV - 5 Ss-OWi 143/08 - (OWi) 66/08 IV).

Auch im Übrigen liegt keine Häufung geringerer Nachteile bzw. besonderer Umstände vor, die ein Absehen ausnahmsweise rechtfertigen könnten.

Überdies kann der Rechtsfolgenausspruch auch deswegen keinen Bestand haben, weil die verhängte Geldbuße nicht geeignet ist, das Absehen von der Anordnung des Fahrverbotes im Hinblick auf die Funktion des Fahrverbotes als "Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme" (zu vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 1997 - 4 St...

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