Leitsatz (amtlich)

1. Für den Antrag eines Bieters gegen eine aus mehreren Kreisen und kreisfreien Städten gebildete Einkaufsgemeinschaft, eine Verletzung der Rechte des Bieters auf Grund der §§ 1, 14 GWB festzustellen, die dadurch begangen worden sei, dass die Beschaffung von Waren einer bestimmten Gattung für den Bedarf aller Mitgliedskörperschaften der Einkaufsgemeinschaft zusammen ausgeschrieben und keine Einzelausschreibung für jede Mitgliedskörperschaft getrennt vorgenommen worden sei, ist der Rechtsweg zur Vergabekammer und zum OLG (Vergabesenat) als Beschwerdegericht nicht eröffnet. Bei den Verpflichtungen, die sich für den öffentlichen Auftraggeber aus § 1 GWB und aus § 14 GWB ergeben, handelt es sich nicht um „Bestimmungen über das Vergabeverfahren” i.S.d. § 97 Abs. 7 GWB. Die Verletzung eigener Rechte durch einen Verstoß des Auftraggebers gegen die §§ 1, 14 GWB muss der Bieter durch eine Unterlassungs- oder Feststellungsklage vor den Kartellgerichten geltend machen.

2. Feststellungsanträge gem. § 114 Abs. 2 S. 2 und § 123 S. 3 GWB sind nur zulässig, wenn sie auf einem Feststellungsinteresse basieren. Das Feststellungsinteresse resultiert nicht nur aus der Bindungswirkung der getroffenen Feststellung für einen späteren Schadensersatzprozess (§ 124 Abs. 1 GWB), sondern kann auch dann gegeben sein, wenn es dem Antragsteller nur darum geht, mittels der beantragten Feststellung einer drohenden Wiederholungsgefahr zu begegnen.

 

Normenkette

GWB §§ 1, 14, 97 Abs. 7, § 104 Abs. 2 S. 1, § 114 Abs. 2 S. 2, § 123 S. 3

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Düsseldorf (Aktenzeichen VK 24/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 24.1.2002 (VK 24/01) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Aufwendungen der Antragsgegner werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegner schlossen sich zur Beschaffung von Plaketten für ihre Kraftfahrzeug-Zulassungsstellen zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammen und schrieben für das Kalenderjahr 2002 sowie optional auch für die Jahre 2003 und 2004 ihren gesammelten Bedarf an den genannten Plaketten unter Federführung des Antragsgegners zu 1) (Vergabestelle) national aus. Der Auftragswert betrug allein für das Kalenderjahr 2002 mehr als 200.000 Euro. Die Antragstellerin, die sich neben anderen Bietern an der Ausschreibung beteiligte, aber nicht den Zuschlag erhalten sollte, rügte das Vergabeverfahren mit Blick darauf, dass sich die Antragsgegner kartellrechtswidrig zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengeschlossen hatten und eine europaweite Ausschreibung gem. § 3a VOL/A im offenen Verfahren unterblieben war. Sie richtete einen Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer. Im Zuge dieses Verfahrens hob der Antragsgegner zu 1) das Vergabeverfahren auf und erklärte den bereits erteilten Zuschlag für unwirksam.

Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hat die Vergabekammer festgestellt, dass die Vergabe des Auftrages zur Beschaffung von Kraftfahrzeugplaketten für das Jahr 2002 und optional auch für die Jahre 2003 und 2004 die Antragstellerin in ihren Rechten verletzte (ungeachtet dessen, dass sich dies im Sinne einer Rechtsverletzung für die Antragstellerin gar nicht ausgewirkt hatte). Sie hat das damit begründet, dass der Antragsgegner zu 1) entgegen den §§ 97 Abs. 7 GWB und 3a Nr. 1 VOL/A die Vergabe nicht in einem offenen Verfahren (nach europaweiter Ausschreibung) durchgeführt, sondern diese lediglich öffentlich i.S.v. § 3 VOL/A (national) ausgeschrieben habe. Ein Eingehen auf die behauptete Kartellrechtswidrigkeit des Zusammenschlusses der Antragsgegner zu einer Einkaufsgemeinschaft und eine – auf den ausdrücklich gestellten Antrag der Antragstellerin hin – entspr. Feststellung im Ausspruch ihres Beschlusses hat die Vergabekammer mit dem Hinweis darauf abgelehnt, die Antragstellerin habe keinen Anspruch darauf, dass im vorliegenden Fall auch noch ein geltend gemachter Verstoß gegen die §§ 1 und 14 GWB festgestellt werde. Es sei – dies auch unter dem Gesichtspunkt möglicher Schadensersatzansprüche der Antragstellerin – völlig ausreichend, wenn jedenfalls ein Vergaberechtsverstoß, hier der Verstoß gegen 3a VOL/A, festgestellt werde.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt, auch eine Rechtsverletzung dadurch, dass die Vergabestelle nicht nur für ihren eigenen Bedarf, sondern als Konsortialführerin auch für den Bedarf der Kreise, W., S., B. und der Stadt H. ausgeschrieben habe, festzustellen.

Die Antragsgegner beantragen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf die Vergabeakten und die Vergabekammerakten Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Die Antragstellerin hat im vorliegenden Nachprüfungsverfahren keinen Anspruch auf eine Feststellung, durch di...

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