Leitsatz (amtlich)

1. Der Umfang der Ausgleichspflicht (Quotierung) im Innenverhältnis zwischen dem Werkunternehmer und dem planenden bzw. bauüberwachenden Architekten als Gesamtschuldnern im Rahmen von § 426 BGB hängt von den jeweiligen Umständen ab; dabei trifft den Gesamtschuldner, der eine von der Verteilung nach Köpfen (d.h. hier jeweils 50 %) abweichende Quote geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast.

2. Bei der Abgrenzung, wer der eigentliche Schadensversursacher ist, ist als Orientierungshilfe zu berücksichtigten, dass Planungsfehler grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Architekten bzw. Sonderfachmanns, Ausführungsfehler hingegen in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fallen. Ist der Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Unternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauüberwachung (lediglich) nicht erkannt hat, so trifft den Unternehmer regelmäßig die zumindest überwiegende, wenn nicht im Einzelfall sogar die alleinige Haftung, denn der Unternehmer kann weder dem Bauherrn noch dem Architekten gegenüber einwenden, er sei bei seinen Arbeiten nicht ausreichend überwacht worden.

3. Die Verursachungsbeiträge eines Bauleiters, der die fehlerhafte Ausführung seitens des Werkunternehmers pflichtwidrig nicht bemerkt hat (bzw. hier: bemerkt hat, aber darauf nicht pflichtgemäß reagiert hat), dürfen nicht bagatellisiert werden.

4. Eine überwiegende (oder gar alleinige) Haftung des Werkunternehmers im Innenverhältnis mit einem bauaufsichtsführenden Architekten kann nicht allein damit begründet werden, dass der Bauherr dem Unternehmer keine Aufsicht schulde.

5. Der unmittelbar vertragswidrig handelnde Gesamtschuldner kann sich nicht mit Erfolg darauf stützen kann, dem ihn lediglich beaufsichtigenden (i.S.v. kontrollierenden) anderen Gesamtschuldner (insbesondere Architekten) seien gleich hohe, hälftige Verursachungsanteile anzulasten. Insoweit gelten keine anderen Grundsätze als bei der Abwägung zwischen der Verletzung von primären bzw. unmittelbaren Verhaltenspflichten des einen Gesamtschuldners (insbesondere zur Herstellung eines funktionstauglichen Werks) und sekundären bzw. mittelbaren Prüfungs- bzw. Bedenkenhinweis bzw. Aufsichtspflichten des anderen Gesamtschuldners.

6. Eine im Rahmen der Abwägung gem. §§ 426, 254 BGB die Haftungsquote des Architekten erhöhende Verletzung einer Koordinierungspflicht liegt erst dann vor, wenn diese Pflichtverletzung faktisch einem Planungsfehler nahe kommt.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 17.07.2014; Aktenzeichen 5 O 86/14))

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Krefeld vom 17.7.2014 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und infolgedessen den Senatstermin vom 16.1.2015 aufzuheben.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5.12.2014.

3. Die Frist für eine Berufungserwiderung der Beklagten wird antragsgemäß bis zum 5.12.2014 verlängert.

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO; vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2001, 2 BvR 1620/01, NJW 2002, 814; BVerfG, Beschluss vom 18.9.1990, 2 BvE 2/90, BVerfGE 82, 316). Die klageabweisende Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Einen über den bereits gezahlten Betrag i.H.v. 8.442,29 EUR (entsprechend Haftungsquoten der Beklagten von 25 % bzw. der Versicherungsnehmerin - im Folgenden: VN - der Klägerin von 75 %) hinausgehender Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe weiterer 8.442,30 EUR (entsprechend einer beiderseitigen Haftungsquote von jeweils 50 %) hat das LG zutreffend verneint.

a. Der Ausgleich im Innenverhältnis zwischen dem Werkunternehmer und dem planenden bzw. bauüberwachenden Architekten als Gesamtschuldnern findet gem. § 426 BGB statt. Nach § 426 Abs. 1 BGB kann jeder Gesamtschuldner von dem anderen Ausgleich in Höhe des Anteils seiner Mitverantwortung verlangen (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1965, GSZ 1/64, www.juris.de). Dieser Anspruch besteht unabhängig neben dem aus § 426 Abs. 2 BGB folgenden Anspruch aus übergegangenem Recht (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1972 - VII ZR 190/71, www.juris.de). Der Umfang der Ausgleichspflicht (Quotierung) hängt von den jeweiligen Umständen ab (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, 6. Teil, Rz. 65/66 m.w.N.; Kniffka, BauR 2005, 274; Kniffka u.a., ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 06/2014, § 634 Rz. 129 ff. m.w.N.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl. 2013, Rz. 2493-2496 m.w.N.). Dabei trifft den Gesamtschuldner, der eine von der Verteilung nach Köpfen (d.h. hier jeweils 50 %) abweichende Quote geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast (vgl. Kniffka u.a., a.a.O., § 634 Rz. 137 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 426 Rz. 8 m.w.N...

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