Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Bestellung eines Abwicklers sind gem. § 265 Abs. 2 S. 2 AktG die Bestellungsverbote des § 76 Abs. 3 S. 3 und 4 AktG zu beachten.

2. Treten bei einem Abwickler nachträglich Verhältnisse ein, die seiner Bestellung für dieses Amt entgegengestanden hätten, endet sein Amt mit diesem Zeitpunkt von selbst; die Eintragung im Handelsregister wird unrichtig und ist von Amts wegen zu löschen.

 

Normenkette

AktG § 76 Abs. 3 Sätze 4, 3, § 265 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Krefeld (Aktenzeichen HRB 8579)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beteiligten zurückgewiesen.

Geschäftswert: 60.000,00 EUR

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist als Abwickler der betroffenen Gesellschaft im Handelsregister eingetragen. Mit Strafbefehl vom 25. September 2019 in Verbindung mit Beschluss vom 4. Dezember 2019 verurteilte ihn das Amtsgericht Nettetal (3 Cs 9 Js 7/19 (447/19)) wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung gem. § 15a Abs. 4 InsO zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen je 10 EUR.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2020 kündigte das Amtsgericht Krefeld dem Beteiligten an, es sei beabsichtigt, ihn gem. § 395 FamFG als Abwickler der betroffenen Gesellschaft zu löschen.

Der Beteiligte ist dem mit Widerspruch vom 27. Juli 2020 entgegengetreten. Er hat vorgebracht, gem. § 32 BZRG werde in ein Führungszeugnis nur eine Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen aufgenommen. Da die Geldstrafe exakt 90 Tagessätze betrage, erhalte er keine Eintragung, weswegen er weiterhin zur Führung des Amtes als Abwickler berechtigt sei. Zudem habe die S... GmbH finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, damit die Liquidation erfolgreich abgeschlossen werden könne. Eine Forderung von ca. 27.000,00 EUR gegen den griechischen Garantiefond befinde sich im Mahnverfahren. Sollte er seine Tätigkeit nicht im bisherigen Maße ausüben können, könnte diese Forderung verlustig gehen.

Das Registergericht hat den Widerspruch mit Beschluss vom 2. November 2020 zurückgewiesen und ausgeführt, ungeeignet für die Ausübung des Amts als Abwickler der Aktiengesellschaft sei gem. § 265 Abs. 2 S. 2 AktG i.V.m. § 76 Abs. 3 S. 2 Nr. 3a AktG für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Rechtskraft derjenige, der wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt worden sei. Es handele sich um eine Katalogstraftat gem. § 76 Abs. 3 Nr. 3 AktG, bei der das Strafmaß für den Verlust der Amtsfähigkeit nicht von Bedeutung sei. Der Verlust der Amtsfähigkeit erfolge automatisch, da es sich um ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB handele. Mit der rechtskräftigen Verurteilung des Beteiligten wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sei dessen Amt als Abwickler somit kraft Gesetzes erloschen und die entsprechende Eintragung im Handelsregister unrichtig und unzulässig, so dass sie gem. § 395 Abs. 1 FamFG von Amts wegen zu löschen sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, mit der er geltend macht, §§ 265 Abs. 2, 76 Abs. 3 S. 2 und 3 AktG gälten nur für die Auswahl der Abwickler, seien jedoch auf den Widerruf ihrer Funktion nicht entsprechend anzuwenden. Sie sagten nichts darüber aus, unter welchen Voraussetzungen ein bereits bestehendes Abwicklungsverhältnis beendet werden könne. Abgesehen davon setze das Gesetz eine Verurteilung voraus, während hier lediglich durch Strafbefehl entschieden worden sei. Nachdem es sich dabei um ein vereinfachtes Verfahren handele, sei eine vollständige inhaltliche Nachprüfung durch ein Berufungsgericht oder auch hier das Registergericht erschwert. Es erschiene unangemessen, wenn eine Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung per Strafbefehl in jedem Fall zur unmittelbaren Beendigung des Geschäftsführer- bzw. Liquidator-Amtes führen könnte. Bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern oder Abwicklern sei es nach den Regelungen des Gesellschaftsrechts erforderlich, dass die in Betracht kommenden Personen das Erfordernis der Redlichkeit und charakterlichen Eignung erfüllten. Eine Verurteilung wegen einer Wirtschaftsstraftat könne lediglich einen Indikator dafür darstellen, dass diese Eigenschaften nicht mehr gegeben seien. Daher sei eine Verurteilung durch Strafbefehl einer solchen durch Strafurteil nicht gleichzusetzen. Zudem bestünden noch Forderungen der abzuwickelnden Gesellschaft, deren Anmeldung und Durchsetzung nur der Beteiligte in Person erledigen könne. Auch das sei ein Grund, ihn weiterhin als Abwickler zu behalten. Schließlich dürfte die Bestellung eines neuen Abwicklers aufgrund der Corona-Pandemie erschwert sein.

Mit weiterem Beschluss vom 15. Januar 2021 hat das Registergericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, Sinn und Zweck der §§ 265 Abs. 2 S. 2, 76 Abs. 3 AktG sei es, Personen, welche aufgrund bestimmter Umstände als unzuverlässig oder nicht ausreichend vertrauenswürdig erachtet würden, vom Amt des Abwicklers bzw. des Vorstands auszuschließen. Die gesetzlich festgelegte Frist von fünf Jahren ab Amtsantritt mache die Intent...

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