Leitsatz (amtlich)

Zur Einziehung eines von einem deutschen Gericht erteilten Erbscheins nach einem auf Gran Canaria in Spanien verstorbenen deutschen Erblasser wegen Unzuständigkeit des Gerichts in internationaler oder örtlicher Hinsicht (hier Ablehnung wegen zu verneinender Erschütterung der Überzeugung dahin, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte).

 

Normenkette

BGB §§ 1371, 1925 Abs. 1, 3, § 1931 Abs. 1, 3, §§ 2359, 2361 S. 1; EuErbVO Art. 4 ff., Art. 21 Abs. 1, Art. 83 Abs. 1; FamFG § 343 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Duisburg (Aktenzeichen 42 VI 926/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1 bis 3.

Geschäftswert: 799.854,- EUR

 

Gründe

I. Der Erblasser hinterließ die Beteiligte zu 1, seine Mutter, die Beteiligten zu 2 und 3, seine Geschwister, und den Beteiligten zu 4, mit dem er am 24. August 2015 die Lebenspartnerschaft begründet hatte. Der Erblasser und der Beteiligte zu 4 lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, modifiziert nach Maßgabe eines am 27. August 2015 geschlossenen notariellen Lebenspartnerschaftsvertrages.

Zum Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft waren der Erblasser und der Beteiligte zu 4 nicht mehr berufstätig. Der Erblasser finanzierte seinen Lebensunterhalt mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Zinseinkünften; er lebte mit dem Beteiligten zu 4 in einem in seinem Eigentum stehenden Haus in Duisburg - von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend als "Villa" bezeichnet. Anfang Dezember 2015 veräußerte der Erblasser vorgenannten Grundbesitz und bezog sodann zusammen mit dem Beteiligten zu 4 eine ebenfalls in seinem Eigentum stehende Immobilie auf Gran Canaria. Bei dem Objekt auf Gran Canaria handelte es sich um einen Bungalow in einer Bungalowanlage, zu der weitere, als Ferienwohnungen genutzte Objekte gehören. Am 18. März 2016, 15. April 2016, 29. September 2016 sowie am 30. September 2016 erwarb der Erblasser weitere Objekte in der Bungalowanlage auf Gran Canaria. Er ließ verschiedene Renovierungsarbeiten durchführen und zog gemeinsam mit dem Beteiligten zu 4 mehrfach innerhalb der Bungalowanlage um. An einem der Bungalows räumte der Erblasser der Beteiligten zu 1 und ihrem Lebensgefährten, die zuvor regelmäßig auf dem spanischen Festland gelebt hatten, ein Wohnrecht ein; die übrigen Bungalows vermietete der Erblasser.

Auch nach Dezember 2015 hielt sich der Erblasser wiederholt in Deutschland auf und wohnte dann in einer von einer Bekannten gemieteten 2-Zimmer-Wohnung in Düsseldorf ... . Gemeldet war er seit dem 1. März 2016 unter der Anschrift ... in Duisburg. Bei dieser Anschrift handelt es sich um die Wohnanschrift der Beteiligten zu 1. In der Wohnung in Düsseldorf befand sich ein Teil der Möbel des Erblassers; im Keller des Hauses ... in Duisburg lagerte er Geschäftsakten und Fotos.

In Deutschland ließ sich der Erblasser ärztlich behandeln, auch war er in Deutschland privat krankenversichert. Während seiner Aufenthalte in Deutschland traf er sich regelmäßig mit Freunden und den Familienangehörigen des Beteiligten zu 4; auch war er in den Jahren 2016 und 2017 ehrenamtlich für den Bürgerverein Duisburg tätig. Steuerpflichtig war der Erblasser in Deutschland; die Mieteinnahmen aus den spanischen Immobilien versteuerte er in Spanien. Bankkonten hatte er bei zwei Banken in Duisburg, bei der Frankfurter Filiale einer niederländischen Bank und ein Konto bei der Deutschen Bank auf Gran Canaria für die Abwicklung der Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit den Immobilien auf Gran Canaria. In Spanien hatte der Erblasser keine Meldeadresse. Die spanische Sprache beherrschte er nicht; an einem Sprachkurs nahm er insgesamt fünfmal teil. Der Erblasser verstarb auf Gran Canaria.

Gestützt auf die gesetzliche Erbfolge und unter Vorlage schriftlicher Vollmachten der Beteiligten zu 1 bis 4 beantragte zunächst Rechtsanwalt ... am 29. September 2017 die Erteilung eines europäischen Nachlasszeugnisses, welches die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 1/8, die Beteiligten zu 2 und 3 als Erben zu je 1/16 und den Beteiligten zu 4 als Erben zu × ausweist. Am 13. Dezember 2017 beantragte der Beteiligte zu 4 persönlich zu Protokoll des Nachlassgerichts die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der die Beteiligten zu 1 bis 4 als Erben zu den vorgenannten Quoten ausweist.

Dem Antrag des Beteiligten zu 4 entsprach das Nachlassgericht am selben Tage.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten haben die Beteiligten zu 1 bis 3 am 24. Mai 2019 die Einziehung des Erbscheins vom 13. Dezember 2017 beantragt, da das Nachlassgericht international nicht zuständig gewesen sei. Dazu haben sie vorgetragen, der Erblasser und der Beteiligte zu 4 hätten seit Dezember 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt auf Gran Canaria gehabt. Unmittelbar vor seinem Wegzug aus Deutschland habe der Erblasser gegenüber ihrem Verfahrensbevollmächtigten erklärt, da...

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