Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren der Festsetzung der Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers ist der Einwand mangelhafter Amtsführung grundsätzlich unerheblich soweit nicht ausnahmsweise eine schwere, zur Verwirkung des Vergütungsanspruchs führende Pflichtverletzung des Nachlasspflegers vorliegt oder seine Tätigkeit auf Grund pflichtwidrigen Verhaltens dem Umfang nach wesentlich geringer anzusetzen ist als die bei pflichtgemäßem Verhalten objektiv erforderliche Mühewaltung.

2. Bei der für eine womögliche Reduzierung der Nachlasspflegervergütung relevanten Beurteilung, ob der Nachlasspfleger mit Blick auf seine Kenntnislage die Erbenermittlung bei pflichtgemäßem Handeln bereits deutlich früher hätte abschließen können bzw. müssen ist nicht allein auf die Kenntnis des Nachlasspflegers von der Existenz des Erbprätendenten und seiner Anschrift abzustellen, sondern auf die zuverlässige (einen Erbscheinsantrag ermöglichende) Kenntnis des Nachlasspflegers vom Erbgang insgesamt, namentlich die gesicherte Kenntnis des Kreises der Erben, hier also die Ermittlung aller in Betracht kommenden Personen und der Stellung des Erbprätendenten gerade als Alleinerben.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1 Sätze 2-3, § 1915 Abs. 1 S. 1; VBVG § 3

 

Verfahrensgang

AG Wuppertal (Aktenzeichen 130 VI 162/19)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Geschäftswert: bis zu 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 27. Juni 2018 wurde der Beteiligte zu 2 auf Antrag des Vermieters des Erblassers zum Nachlasspfleger bestellt, nachdem der Erblasser nach langer Liegezeit fortgeschritten verwest von der Kriminalpolizei in seiner Wohnung gefunden wurde und Angehörige nicht hatten ermittelt werden können.

Der Beteiligte zu 2 berichtete am 12. Febr. 2019 zur Erbenermittlung, der Erblasser habe eine Schwester (die Beteiligte zu 1) gehabt, die nach den bisherigen Erkenntnissen als (gesetzliche) Alleinerbin in Betracht komme. Allerdings sollten die Eltern noch ein weiteres Kind gehabt haben, das mit zwei Jahren gestorben sei, und dauerten die Ermittlungen deshalb und wegen der Geburts- und Heiratsurkunde der Eltern noch an.

Auf den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 vom 26. Febr. 2019 erließ das Nachlassgericht am gleichen Tage einen entsprechenden Feststellungsbeschluss, erteilte den Erbschein und hob die Nachlasspflegschaft auf, weil die Erben ermittelt waren.

Die Vergütung des Beteiligten zu 2 hat das Nachlassgericht - dessen Antrag vom 25. März 2019 entsprechend - mit dem angefochtenen Beschluss auf 4.369,44 EUR festgesetzt.

Mit der Beschwerde beanstandet die Beteiligte zu 1, der Beteiligte zu 2 hätte sie schon bis Ende August 2018 durch Hinweise von Vermieterseite und von der Stadtsparkasse als Schwester des Erblassers und dessen Erbin finden können.

Der Beteiligte zu 2 wendet ein, weder die Stadtsparkasse noch der Vermieter hätten ihn informiert, erst durch Mitteilung der Stadt Bonn vom 12. Dez. 2018 habe ihm die Stadt mitgeteilt, dass die Beteiligte zu 1 dort unter der aktuellen Anschrift wohne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

II. Das gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 ist nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG beim Senat zur Entscheidung angefallen.

In der Sache bleibt es jedoch ohne Erfolg.

Der Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 2 als berufsmäßigem Nachlasspfleger folgt aus §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 3 VBVG und ist auch der Höhe nach vom Nachlassgericht zutreffend festgesetzt worden.

Die Beteiligte zu 1 beanstandet allein, der Beteiligte zu 2 habe sein Amt mangelhaft geführt und daher sie als Schwester und alleinige Erbin des Erblassers nicht bereits im August 2018 ausfindig gemacht. Daher sei die seitdem abgerechnete Vergütung nicht festzusetzen.

Damit dringt die Beteiligte zu 1 deshalb nicht durch, weil der Einwand mangelhafter Amtsführung bei der Festsetzung der Nachlasspflegervergütung nach einhelliger Auffassung grundsätzlich unerheblich ist; über etwaige, aus der Amtsführung des Nachlasspflegers entstandene Gegenansprüche auf Schadenersatz oder Herausgabe hat nicht das Nachlassgericht, sondern ein Prozessgericht zu befinden (so schon Senat, Beschluss vom 21. April 2010, 3 Wx 7/10, BeckRS 2011, 1698; aus jüngerer Zeit z.B. OLG Frankfurt, FGPRax 2019, 134, 135). Die Höhe der Vergütung hängt nicht davon ab, ob das Nachlassgericht oder sonstige Beteiligte die Einschätzung des Nachlasspflegers zur Zweckmäßigkeit seines Handelns teilen (OLG Saarbrücken, NJW-RR 2015, 844, 846).

Nur in zwei Ausnahmefällen besteht eine Auswirkung im Vergütungsfestsetzungsverfahren, nämlich zum einen bei einer schweren, zur Verwirkung des Vergütungsanspruchs führenden Pflichtverletzung des Nachlasspflegers, wie etwa der Veruntreuung von Vermögen;...

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