Leitsatz (amtlich)

1. Dem Kläger obliegt die Behauptungs- und Beweislast für eine von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO abweichende Kostenentscheidung nach billigem Ermessen gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO.

2. Offen bleibt, ob auch für das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO vor dem LG Anwaltszwang (§ 78 ZPO) besteht.

3. Die Zuständigkeit des LG für eine Räumungsklage gem. §§ 23 Satz 1 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG setzt einen schlüssigen Klägervortrag zum Vorliegen eines gewerblichen Mietverhältnisses voraus.

4. Dass der Mieter von Räumlichkeiten diese zu gewerblichen Zwecken (mit-)benutzt, lässt für sich allein nicht den Schluss auf eine gewerbliche Vermietung zu.

5. Ein Wohnraummietverhältnis bleibt auch dann ein solches, wenn der Mieter in der vermieteten Wohnung - vertragswidrig - eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.

 

Normenkette

GVG § 23 S. 1 Nr. 1, § 71 Abs. 1; ZPO § 269 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Beschluss vom 16.02.2007; Aktenzeichen 2 O 312/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Einzelrichters des LG Krefelds vom 16.2.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

 

Gründe

Die gem. §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet und daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits nach Rücknahme der Klage jedenfalls mit einer im Ergebnis zutreffenden Begründung, auf die verwiesen wird (GA 38 f.), der Klägerin auferlegt. Ihr Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung. Von den hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, trägt der Kläger nach der Grundregel des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits, wenn er die Klage zurücknimmt. Eine von dieser gesetzlichen Regel abweichende, den Beklagten mit den Kosten belastende Billigkeitsentscheidung gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist weder nach dem Klage- noch nach dem Beschwerdevorbringen der Klägerin veranlasst. Ob auch für das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO vor dem LG Anwaltszwang besteht (§ 78 ZPO) oder ob der Beklagte sich - wie der Einzelrichter angenommen hat - in entsprechender Anwendung des § 91a ZPO selbst vertreten kann, mag dahinstehen. Jedenfalls hat die Klägerin, der insoweit die Behauptungs- und Beweislast obliegt (BGH, Beschl. v. 6.10.2005, BGHReport 2006, 132 = NJW 2006, 775), bereits nicht schlüssig dargelegt, dass ihre Belastung mit den Kosten des Rechtsstreits billigem Ermessen widerspricht. Auf das Vorbringen des Beklagten kommt es mithin nicht an.

Eine abweichende Ermessenentscheidung wäre hier nur dann in Betracht gekommen, wenn das LG für die Entscheidung über die Räumungsklage vom 4.9.2006 gem. §§ 23 Satz 1 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG zuständig gewesen wäre, weil dem Streitfall ein Gewerberaum - und nicht ein gem. § 23 Satz 1 Nr. 2a GVG in die ausschließliche Zuständigkeit des AG fallendes Wohnraummietverhältnis zugrunde lag. Bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin kann diese Voraussetzung nicht festgestellt werden. Ihr Vorbringen lässt nicht erkennen, ob von einem Wohn- oder einem Gewerberaummietverhältnis auszugehen war. In der Klageschrift heißt es hierzu, die Klägerin sei Eigentümer des Hauses ..., das über zwei Wohneinheiten verfüge. Neben der im Antrag bezeichneten (Parterre-)Wohnung befinde sich eine weitere Wohnung, die sie beide ab dem 1.3.2006 an den Beklagten vermietet habe. Hieran an schließt sich die Behauptung, der Beklagte übe in den Räumlichkeiten im Parterre seine Tätigkeit als Immobilienkaufmann aus. Bereits dieser Darstellung sind keine ausreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine gewerbliche Vermietung der Parterrewohnung erkennen lassen. Dass der Mieter von Räumlichkeiten diese zu gewerblichen Zwecken (mit-) benutzt, lässt für sich allein nicht den Schluss auf eine gewerbliche Vermietung zu. Ein Wohnraummietverhältnis bleibt auch dann ein solches, wenn der Mieter in der vermieteten Wohnung - vertragswidrig - eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, so dass es einer Beweisaufnahme hierüber nicht bedurfte. Lediglich in dem der Klage beigefügten Kündigungsschreiben des Haus- und Grundeigentümervereins Krefeld vom 13.7.2006 findet sich die Formulierung "Grund unserer Beauftragung ist die Tatsache, dass Sie im Hause ... die in der Parterrewohnung gelegenen Räumlichkeiten ... gewerblich zu einer Nettomiete ... angemietet haben. Dieser alleinige Hinweis auf eine gewerbliche Vermietung reichte allerdings vor dem Hintergrund, dass die Räumungsklage gleichwohl an das AG adressiert war, nicht aus, eine Zuständigkeit des LG zu begründen. Dies gilt um so mehr als die Zuständigkeit des angerufenen AG bei Annahme eines gewerblichen Mietverhältnisses bereits im Hinblick auf den auf S. 1 unten der Klageschrift angegebenen Streitwert von 8.400 EUR wegen Überschreitung der amtsgerichtlichen Zuständigkeitsgrenze des § 23 Satz 1 Nr. 1 GVG (5.000 EUR) ersichtlich nicht gegeben sein konnte. Auch die weiter...

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