Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 18.08.1999; Aktenzeichen 8 OH 11/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels sowie unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Antragstellers der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 18. August 1998 (richtig: 1999) teilweise abgeändert und der Streitwert anderweitig auf 18.900,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin, mit welchem sie die Herabsetzung des auf 20.000,00 DM festgesetzten Streitwerts auf 800,00 DM erstrebt, hat einen (geringfügigen) Teilerfolg. Das Rechtsmittel des Antragstellers, der eine Heraufsetzung des Streitwertes auf 30.000,00 DM erreichen will, bleibt ohne Erfolg.

I.

1.

Geht es wie im Streitfall um die Bewertung eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens, richtet sich dessen Streitwert nach dem Wert des zu sichernden Hauptanspruchs. Dies entspricht nach der Änderung der §§ 485 ff ZPO durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) inzwischen der überwiegenden Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung (Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichw. „Selbständiges Beweisverfahren”; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rn. 4024 a; MünchKomm/Lappe, ZPO, 2. Aufl., § 3 Rn. 147 jew. m. zahlr. Rechtsprechungsnachw. auch zur abweichenden Auffassung). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an mit Blick auf § 493 Abs. 1 ZPO n.F., wonach die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren die Funktion hat, eine solche im späteren Hauptverfahren (so es dazu kommt) zu antizipieren (Schneider MDR 2000, 1231, 1232 unter Nr. IV).

Dem Antragsteller ging es im Streitfalle darum zu beweisen, dass die Undichtigkeiten des Flachdachs im Bereich des Restaurantanbaus und – Zugluft bewirkend – der Fenster im gleichen Raum von der Antragsgegnerin zu verantworten und deshalb von ihr als Verpächterin gemäß §§ 581 Abs. 2, 536 BGB zu beseitigen sind. Der Streitwert des Beweissicherungsverfahrens richtet sich demnach nach dem Erfüllungsinteresse des Antragstellers, nämlich nach seinem Interesse, von der Antragsgegnerin eine mangelfreie Pachtsache zum Gebrauch überlassen zu erhalten.

2.

Wie Dieses Interesse zu bewerten ist, richtet sich gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GKG nach dem für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgeblichen Wert des Streitgegenstandes, also nach den §§ 3 ff ZPO, es sei denn, in den §§ 16 ff GKG ist für die Berechnung des Gebührenstreitwerts etwas Abweichendes bestimmt worden.

Die Regelung des § 16 GKG sieht für einzelne Streitgegenstände aus dem Bereich der Miet-, Pacht- und ähnlicher Nutzungsverhältnisse besondere Gebührenbestimmungen vor, nämlich u.a. bei einem Streit über die Dauer des Vertragsverhältnisses (Abs. 1) und bei einem Räumungsbegehren (Abs. 2). In beiden Fallen entspricht der Streitwert dem auf die streitige Zeit entfallenden Entgelt, höchstens aber dem Jahresentgelt.

a)

Um ein derart umfassendes Streitverhaltnis geht es hier jedoch nicht, sondenn um den Ausschnitt aus einem solchen – Mangelfreiheit der gepachteten Sache –. Es galt auch nicht, ein Streitverhaltnis im Sinne von § 16 GKG für ein künftiges Hauptverfahren vorzubereiten, wie bereits dargelegt worden ist (oben unter Nr. I. 1). Gleichwohl wird in Teilen des Schrifttums und der Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 16 Abs. 1 GKG befürwortet (Schneider/Herget, a.a.O., Rn. 3069 a i.V.m. 3023, vgl. auch Rn. 3078; Markl, GKG, 3. Aufl., § 16 Rn. 22 a.E.; Zöller/Herget, a.a.O.; Stichw.

„Mietstreitigkeiten/Mängelbeseitigungsklage” OLG Bamberg JurBüro 1979, 1866; OLG Schleswig KostRsp § 16 GKG Nr. 75 = SchlHA 1991, 202). Begründet wird das damit, die Mängelbeseitigung betreffe nur einen Ausschnitt aus dem streitigen Mietverhältnis. Werde aber das ganze Mietverhältnis, etwa im Falle der Kündigung, streitig, sei der Streitwert gemäß § 16 Abs. 2 GKG auf den Jahresmietzins begrenzt. Die Anwendung der allgemeinen Vorschriften, insbesondere des § 9 ZPO führe zu einem Wertungswiderspruch, weil der umstrittene Ausschnitt des Rechtsverhältnisses regelmäßig zu einem höheren Streitwert führe als in dem Fall, in dem das Mietverhältnis insgesamt umstritten sei.

b)

Dem hat das OLG Hamburg (WuM 1995, 595) zu Recht entgegen gehalten, dass die Wertbestimmungen des § 16 GKG nicht analogiefähig seien. § 16 GKG stellt im Verhältnis zu den allgemeinen Wertvorschriften (§ 12 Abs. 1 S. 1 GKG, §§ 3 ff ZPO) eine Ausnahmevorschrift dar. Der Gesetzgeber hat für einzelne, im Gesetz genannte Streitgegenstände, die erfahrungsgemäß besonders oft vorkommen und die bei Anwendung der allgemeinen Bewertungsvorschriften zu erheblichen Streitwerten und in deren Folge zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen wurden, aus sozialen Gründen (und ohne Rücksicht auf die Art (gewerblich oder Wohnraum) des Mietverhältnisses und auf die Parteistellung) eine Streitwertbegrenzung vorgenommen (vgl. dazu Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Teil V Rn. 8...

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