Leitsatz (amtlich)

1. Die Annahme eines auf Veranlassung der Wunscheltern unter Verwendung einer Eizellspende von einer Leihmutter geborenen Kindes des Ehegatten oder Lebenspartners durch den anderen Wunschelternteil setzt nicht gemäß § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB voraus, dass die Annahme zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Unter Kindeswohlgesichtspunkten genügt es, dass die Annahme gemäß § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Kindeswohl dient.

2. Der Kindeswohldienlichkeit der Annahme eines auf Veranlassung der Wunscheltern geborenen Kindes des Ehegatten oder Lebenspartners durch den anderen Wunschelternteil gemäß § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB steht nicht entgegen, dass das Kind von einer Leihmutter geboren wurde. Vielmehr gehört es regelmäßig zum Kindeswohl, dass das Kind auch dem zweiten Wunschelternteil verlässlich rechtlich zugeordnet wird.

 

Normenkette

BGB § 1741 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 02.12.2015; Aktenzeichen 270 F 223/14)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden des Annehmenden, der Anzunehmenden und des Vaters der Anzunehmenden wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Düsseldorf vom 02.12.2015 wie folgt abgeändert:

Der Anzunehmende (...) und die Anzunehmende (...), beide geboren am (...) in (...), werden von dem Annehmenden (...), geboren am (...), jeweils als Kind angenommen. Die Anzunehmenden erlangen durch die Annahme jeweils die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes des Annehmenden und des Herrn (...), geboren am (...). Als Geburtsnamen erhalten die Anzunehmenden den Namen (...).

Das Verfahren (erster und zweiter Instanz) ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet; die übrigen Kosten des Verfahrens trägt der Annehmende.

II. Beschwerdewert: 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Annehmende und der Vater der Anzunehmenden (im Folgenden: Vater) stellten über eine US-amerikanische Agentur den Kontakt zur Mutter der Anzunehmenden (im Folgenden: Mutter) her, die seit dem 24.07.2012 rechtskräftig geschieden ist. Man vereinbarte, dass die Mutter für den Annehmenden und den Vater ein Kind austragen solle. Die Schwangerschaft der Mutter wurde im Wege der künstlichen Befruchtung unter Verwendung von Samenzellen des Vaters und von Eizellen einer anonymen Spenderin herbeigeführt. Unter dem 29.07.2013 erklärte der Vater vor dem Notar (...) die Anerkennung der Vaterschaft hinsichtlich der voraussichtlich am 21.12.2013 zur Welt kommenden Zwillinge der Mutter und die Übernahme der elterlichen Sorge für diese Kinder gemeinsam mit der Mutter. Die Mutter erklärte unter dem 13.09.2013 zur Niederschrift des Generalkonsuls der Bundesrepublik in Miami die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung und zur Sorgeerklärung des Vaters. Nachdem die Mutter die Anzunehmenden (im Folgenden: Kinder) am (...) in (...) im US-Bundesstaat Florida zur Welt gebracht hatte, übernahmen der Vater und der Annehmende sogleich die Betreuung und Versorgung der Kinder. Seit dem 15.01.2014 leben der Vater, der Annehmende und die beiden Kinder in einem gemeinsamen Haushalt. Die Kinder besitzen sowohl die deutsche als auch die US-amerikanische Staatsbügerschaft. Am 17.04.2014 haben der Annehmende und der Vater vor dem Standesamt (...) die Lebenspartnerschaft begründet.

Mit notarieller Urkunde des Notars (...) vom 06.06.2014 hat der Annehmende beantragt, die Annahme der Kinder durch ihn, den Annehmenden, auszusprechen.

Das Jugendamt der Stadt (...) hat die Adoption befürwortet. Das Landesjugendamt hat auf die Anwendbarkeit des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB verwiesen und es der familiengerichtlichen Beurteilung überlassen, ob die Adoption aus Kindeswohlgesichtspunkten erforderlich sei.

Das AG hat den Antrag auf der Grundlage von § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückgewiesen. Die Leihmutterschaft stelle eine Vermittlung im Sinne dieser Norm dar. Der Gesetzgeber habe die Leihmutterschaft denselben Sanktionen aussetzen wollen wie die verbotene Adoptionsvermittlung. Die Vermittlung sei sittenwidrig erfolgt. Hierzu hat das AG auf das strafbewehrte Verbot der Ersatzmutterschaft gemäß §§ 1 ESchG, 14 AdVermiG verwiesen und durch die Leihmutterschaft die Menschenwürde sowohl der Leihmutter als auch des Kindes als verletzt angesehen. Die Zeugung des Kindes werde hierdurch zum Objekt eines Rechtsgeschäfts gemacht. Es bestehe die Besorgnis, dass die Bestelleltern das Kind nach der Geburt nicht annehmen wollen. Zudem werde das Recht des Kindes auf ungestörte Identitätsfindung und familiäre Zuordnung beeinträchtigt und komme es mit Blick auf die fehlende Identität von austragender und genetischer Mutter zu einer gespaltenen Mutterschaft. Die Anwendung des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB sei auch nicht bereits mit Blick auf die Ankunft der Kinder in der Zielfamilie ausgeschlossen, weil sonst der Schutz der Menschenwürde durch das Verbot der Ersatzmutterschaft ausgehöhlt würde. Die Adoption sei für das Kindeswohl nicht erforderlich. Dieses gebiete nicht allgemein die Übereinstimmung von sozialer und rechtlicher Elternschaft. Wenn nur ein rechtli...

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