Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ein Sozialplan zu Gunsten von Arbeitnehmern, "die in den ersten 24 Monaten von der Betriebsteilübernehmerin betriebsbedingt gekündigt werden", schützt nur frühere Mitarbeiter, die innerhalb der genannten Frist ihre Arbeitsstelle bei der Betriebsteilübernehmerin auf der Grundlage einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben.

  • 2.

    Diese Frage ist im Regressprozess eines betroffenen Arbeitnehmers gegen die ihn beratende Gewerkschaftsorganisation allein aus der Sicht des Regressgerichts ohne Bindung an die gegenteilige Rechtsauffassung der Einigungsstelle zu entscheiden.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.03.2007; Aktenzeichen 14c O 94/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 02. März 2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 14c des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Berufungsstreitwert: 18.230,53 EUR

 

Gründe

I.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage (18.230,53 EUR nebst Zinsen) zu Recht abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 16. September 2008. Der Senat hat dort ausgeführt:

"1.

Im Ergebnis offen bleiben kann die umstrittene, auch vom Landgericht unbeantwortet gelassene Frage, ob die Beklagte den durch die Gewerkschaftsmitgliedschaft der Klägerin begründeten Rechtsschutzauftrag schuldhaft schlecht erfüllt hat, wofür mit Blick auf die nicht umstrittene Versäumung der hier tarifvertraglich für die Arbeiter der Metall- und Elektroindustrie in Berlin/Brandenburg maßgeblich vereinbarte materielle Ausschlussfrist (§ 14.2 MTV) allerdings manches spricht. Diese Frage muss hier deshalb nicht vertieft und entschieden werden, weil ein diesbezüglicher Pflichtenverstoß, für den die Beklagte gemäß §§ 662, 278, 280 BGB grundsätzlich schadensersatzrechtlich einzustehen hätte, nicht ursächlich geworden ist für den von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Schaden, nämlich den geltend gemachten Verlust der von ihr beanspruchten Sozialplanabfindung.

2.

Der Senat folgt der Rechtsauffassung des Landgerichts, dass die Klägerin nicht zum Kreis der Sozialplanberechtigten (künftig: Berechtigte) gehört. In diesem Zusammenhang kommt es regressrechtlich nicht darauf an, wie die zuständigen Arbeitsgerichte im Rechtstreit zwischen der Klägerin und der A.T. GmbH bzw. der B. GmbH Berlin als ihrer Rechtsnachfolgerin (künftig: Altarbeitgeberin) die hier relevanten Rechtsfragen hypothetisch beantwortet hätten. Maßgeblich ist vielmehr allein die Sichtweise des jetzt entscheidenden Regressgerichts (vgl. BGHZ 163, 223 = NJW 2005, 3071).

a)

Richtig ist, dass die Klägerin als frühere Angehörige des Betriebs H. der Altarbeitgeberin mit ihrem betriebsübergangsbedingten Ausscheiden aus deren Unternehmen am 01. Januar 1998 abweichend von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht sämtliche Rechte aus dem Gesamtsozialplan vom 10. Februar 1998 in der Fassung vom 26. März 1999 (künftig: Sozialplan) verloren hatte. Ausweislich der Protokollnotiz vom 18. Dezember 1997 (künftig: Protokollnotiz), die die Betriebsparteien der am gleichen Tage (aus Anlass des Teilbetriebsübergangs) abgeschlossenen Vereinbarung (künftig Betriebsvereinbarung) beigefügt haben, sollten auch solche vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer in den Genuss der Sozialplanleistungen kommen, "...die in den ersten 24 Monaten von der [Betriebsteilübernehmerin] betriebsbedingt gekündigt werden ..." (künftig: Kündigungsklausel).

b)

Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Kündigungsklausel auslegungsbedürftig ist (§§ 133, 157 BGB). Schon ihr Wortlaut ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht eindeutig. Die zu beantwortende Frage lautet nämlich, ob nur frühere Mitarbeiter geschützt werden sollen, die innerhalb der genannten Frist ihre Arbeitsstelle bei der Betriebsteilübernehmerin (künftig: Betriebsübernehmerin) auf der Grundlage einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben oder auch noch diejenigen, die sie erst nach Ablauf der Frist verlieren, wenn auch auf der Grundlage einer noch vor dem Fristablauf erklärten betriebsbedingten Kündigung.

aa)

Der Wortlaut der Klausel beantwortet die Frage nicht. Nach korrektem juristischem Sprachgebrauch (vgl. § 622 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 1 KSchG) wird nicht "dem Mitarbeiter" gekündigt, wie es umgangsprachlich in der Kündigungsklausel heißt, sondern gekündigt wird das Rechtsverhältnis (Arbeitsverhältnis). Folge der Kündigung ist, dass das Rechtsverhältnis mit dem Wirksamwerden der Kündigung erlischt (§ 620 Abs. 2 BGB), der "Mitarbeiter" also seine Arbeitsstelle verliert. In der Zeit zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung (§ 130 BGB) und deren Wirksamwerden ändert sich am materiellen Inhalt des Arbeitsverhältnisses noch nichts. Deshalb ist in der Tat unklar, ob mit dem in der Protokollnoti...

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