Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zur Fortschreibung des Wirtschaftsplans

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wirtschaftsplan begründet grundsätzlich nur eine auf die betreffende Wirtschaftsperiode begrenzte Vorschusspflicht.

2. Die Wohnungseigentümer können die Fortgeltung des für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr beschlossenen Wirtschaftsplanes durch eine Vereinbarung oder einen wirksamen Mehrheitsbeschluss festlegen.

3. Ein Beschluss, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplanes – bis zur „Verabschiedung” eines neuen – zum Gegenstand hat, ist mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 19.02.2003; Aktenzeichen 4 T 441/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und die Entscheidung des AG vom 12.11.2002 werden abgeändert. Der Antrag der Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu 2).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) ist seit Anfang 2002 Mitglied der o.a. Wohnungseigentümergemeinschaft. Er hält das Sondereigentum an zwei Wohnungen (Nr. 7 und 10) und drei Garagen (Nr. 20, 21 und 22). Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Wohnungseigentümergemeinschaft sind seit längerem schlecht. Die Wohnungseigentümer wohnen sämtlich nicht in der Anlage. Die Wohnungen und Ladenlokale sind nur zum Teil vermietet. Der am 16.8.2000 bestellte Verwalter G. hatte einen Finanzbedarf i.H.v. rund 160.000 DM ermittelt.

In der Eigentümerversammlung vom 20.3.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer einstimmig die Genehmigung der von der Verwaltung vorgelegten Wirtschaftspläne vom 9. und 20.3.2001. Danach war das Wohngeld für die Monate Januar bis April 2001 bis zum 31.3. auf das Verwaltungskonto zu zahlen. Ab Mai sollte das Wohngeld jeweils bis zum 3. des Monats fällig sein.

Auf den Beteiligten zu 1) entfielen dabei für die beiden Wohnungen ein monatliches Wohngeld von 245,93 Euro bzw. 254,11 Euro und für die Garagen jeweils ein Wohngeld von 32,11 Euro.

Bereits zuvor hatten die Wohnungseigentümer in einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung vom 16.8.2000 unter TOP 5: „Organisationsbeschlüsse” zu C) beschlossen:

Der jeweilige Wirtschaftsplan hat Gültigkeit bis zur Verabschiedung eines neuen Wirtschaftsplanes.

Der Beteiligte zu 1) zahlt seit November 2001 das Wohngeld nicht mehr. Er ist von der Firma Elektro N. auf Zahlung von Werklohn i.H.v. 5.917,24 DM für Arbeiten in Anspruch genommen worden, die vom Verwalter in Auftrag gegeben waren, mangels Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft aber nicht gezahlt werden konnten. Den von der Firma N. geltend gemachten Betrag hat der Beteiligte zu 1) zwischenzeitlich beglichen.

Die Beteiligten zu 2) haben den Beteiligten zu 1) auf rückständige Wohngelder für die Zeit ab November 2001 abzgl. des Rechnungsbetrages der Firma N. i.H.v. 5.917,24 DM in Anspruch genommen. Darüber hinaus haben sie ab September 2002 fortlaufend jeweils zum 3. eines jeden Monats das mit Beschluss vom 21.3.2001 für die jeweiligen Wohnungen und Garagen des Beteiligten zu 1) festgelegte Wohngeld verlangt.

Der Beteiligte zu 1) ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, der Antrag der Beteiligten zu 2) sei nicht hinreichend bestimmt, da sie lediglich einen nicht näher bezeichneten Teilbetrag geltend machten. Außerdem könne der Beschluss vom 21.3.2001 nicht für seine Zahlungsverpflichtungen für das Jahr 2002 herangezogen werden, denn ein Wirtschaftsplan für das Jahr 2002 sei nicht aufgestellt und beschlossen.

Das AG hat den Beteiligten zu 1) verurteilt, an die Wohnungseigentümergemeinschaft B.-Straße in L. zu Händen des Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft, Herrn G., 3.023,10 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 14.10.2002 sowie ab dem 1.9.2002 fortlaufend und fällig jeweils zum 3. eines jeden Monats für die Wohnung mit der Nr. 7 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 245,93 Euro, für die Wohnung mit der Nr. 10 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 254,11 Euro, für die Garage mit der Nr. 20 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 32,21 Euro, für die Garage mit der Nr. 21 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 32,21 Euro und für die Garage mit der Nr. 22 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 32,21 Euro zu zahlen.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist beim LG ohne Erfolg geblieben.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) seinen Antrag auf Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 2) weiter.

Die Beteiligten zu 2) sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 f. GGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet, denn die Entscheidung des LG hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung n...

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