Leitsatz (amtlich)

Aus den Regelungen der ZPO über das Akteneinsichtsrecht und die Prozessvollmacht ergibt sich, dass eine Aktenversendung regelmäßig als durch die Partei beantragt anzusehen sein wird, so dass Auslagenschuldner für die Aktenversendungspauschale die Partei selbst ist und nicht deren Prozessbevollmächtigter.

 

Normenkette

GKG KV Nr. 9003; GKG § 28 Abs. 2; ZPO § 299 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Beschluss vom 05.02.2008; Aktenzeichen 2 O 215/06)

 

Tenor

Die Beschwerde der Landeskasse vom 12.2.2008 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Krefeld vom 5.2.2008 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beschwerde der Landeskasse vom 12.2.2008 (Bl. 91 f. GA) gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Krefeld vom 5.2.2008 (Bl. 85 ff. GA) ist gem. § 66 Abs. 2 GKG kraft ausdrücklicher Zulassung im angefochtenen Beschluss zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg und führt zur Zurückweisung der Beschwerde.

Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss auf die Erinnerung der Kostenschuldner vom 12.10.2007 (Bl. 74, 82 f. GA) den Kostenansatz des LG Krefeld vom 3.9.2007 in Verbindung mit der hierzu ergangenen Kostenrechnung vom 4.9.2007 (Kassenzeichen 70000494 250 9, Bl. II, IIa GA) zu Recht aufgehoben. Die Geschäftsstelle des LG Krefeld hat die Kostenschuldner zu Unrecht auf Zahlung der Aktenversendungspauschale nach GKG KV-Nr. 9003 i.H.v. 12 EUR in Anspruch genommen, nachdem Rechtsanwalt B ... mit Schriftsatz vom 7.4.2006 "Akteneinsicht in die Gerichtsakten für 3 Tage auf mein Büro" beantragt hatte (Bl. 13 GA).

In der Praxis werden unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob im Zivilprozess Auslagenschuldner der Aktenversendungspauschale der Prozessbevollmächtigte (so LG Mainz Beschl. v. 18.6.2007 - 3 T 52/07 (JURIS); für das verwaltungsgerichtliche Verfahren: VGH München Beschl. v. 18.1.2007, 19 C 05.3348 (JURIS); VG Meiningen JurBüro 2006, 36 f.) oder die von ihm vertretene Partei ist (so Meyer, GKG, 9. Aufl., § 28 Rz. 5; für das verwaltungsgerichtliche Verfahren: OVG Hamburg Beschl. v. 18.4.2006, 1 So 148/05 (JURIS); VG Düsseldorf Beschl. v. 25.10.2005 - 4 L 122/05 (JURIS)). Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass die Aktenversendungspauschale nach GKG KV-Nr. 9003 im Zivilprozess regelmäßig von der Partei geschuldet wird, für die der Prozessbevollmächtigte die Akteneinsicht beantragt hat.

Aus den Kostenvorschriften des GKG lässt sich nicht eindeutig entnehmen, wer Auslagenschuldner der Aktenversendungspauschale ist. Der Gebührentatbestand der GKG KV-Nr. 9003 selbst enthält insoweit keine Regelung. § 28 Abs. 2 GKG ordnet an, dass die Auslagen nur schuldet, "wer" die Aktenversendung beantragt hat. Auch dies klärt nicht zweifelsfrei, ob dies der handelnde Prozessbevollmächtigte selbst ist oder die von ihm vertretene Partei. Dies ergibt sich auch nicht aus der Systematik der sonstigen Vorschriften über Kostenschuldner, §§ 22 ff. GKG. Auch dort ist jeweils zu ermitteln, wem die jeweils die Kostentragungspflicht auslösenden Handlungen zuzurechnen sind. Die Gesetzesmaterialien geben keine Hinweise für die hier zu klärende Frage. Nach der Gesetzesbegründung soll mit § 28 Abs. 2 GKG eine ungerechtfertigte Haftung der "allgemeinen Kostenschuldner" vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 12/6962, 66). Hierdurch wird klargestellt, dass die Aktenversendungspauschale stets von dem die Aktenversendung Beantragenden getragen werden soll und nicht etwa von anderen Kostenschuldnern, wie dem Antragsteller des Verfahrens (§ 22 Abs. 1 GKG), dem Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG) oder dem Übernahmeschuldner (§ 29 Nr. 2 GKG). Nur insoweit schafft § 28 Abs. 2 GKG für Auslagen aus Anlass der Aktenversendung "einen eigenen Schuldner". Rückschlüsse darauf, "wer" die Versendung der Akten beantragt hat, lässt diese kostenrechtliche Vorschrift nicht zu (anders VGH München, a.a.O.). Vielmehr ist vorab aufgrund der allgemeinen materiell- und prozessrechtlichen Vorschriften festzustellen, ob der Prozessbevollmächtigte bei Antragstellung im eigenen Namen oder namens und kraft Vollmacht seines Mandanten gehandelt hat (so auch OVG Hamburg, a.a.O.).

Aus den Regelungen der ZPO über das Akteneinsichtsrecht und die Prozessvollmacht ergibt sich, dass eine Aktenversendung regelmäßig als durch die Partei beantragt anzusehen sein wird. Wie das LG in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, nimmt der Prozessbevollmächtigte mit der Akteneinsicht ein Recht der Partei wahr. Das Recht auf Akteneinsicht folgt aus § 299 Abs. 1 ZPO und steht - anders als nach § 147 StPO - maßgeblich den Parteien zu. Sie können sich hierbei gem. § 81 ZPO durch ihre Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, die wiederum dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ihre schriftliche Vollmacht nachweisen müssen, sofern sich diese nicht zweifelsfrei aus dem Akteninhalt ergibt. Die Parteien können Akteneinsicht nur auf der Geschäftsstelle des Gerichts beanspruchen. Ob Akten zur Einsichtna...

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