Leitsatz (amtlich)

Die der erbrechtlichen Verteilung unter Anwendung ausländischen Rechts (hier: italienischen Erbrecht) aufgrund des Erbstatuts grundsätzlich (zeitlich) vorgelagerte Frage, wie im Falle des Todes eines der Ehepartner der güterrechtliche Ausgleich erfolgen soll, beantwortet sich dahin, dass bei Anwendung ausländischen Rechts aufgrund des Erbstatuts daneben eine pauschale Erhöhung des Erbteils nach § 1371 BGB aufgrund deutschen Rechts nach dem Güterrechtsstatut in Betracht kommt (Anschluss des Senats an die in der Rechtsprechung überwiegende Meinung - vgl. zuletzt OLG Schleswig NJW 2014, 88 - unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung - vgl. Beschl. v. 3.8.1987 - 3 Wx 207/87 - MittRhNotK 1988, 68; offenlassend Beschl. v. 19.12.2008 - 3 Wx 51/08 NJW-RR 2009, 732 - unter Zulassung der Rechtsbeschwerde).

 

Normenkette

BGB § 1371; EGBGB Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2, Art. 15 Abs. 1, Art. 25 Abs. 1; CC ITA Art. 581

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 31.07.2014; Aktenzeichen 4 VI 23/14)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Nachlassgericht wird angewiesen, der Beteiligten zu 3) einen Teilrechtserbschein nach Maßgabe des mit der Beschwerde gestellten Hilfsantrags zu erteilen.

Eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren findet nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert: 35.000 EUR (= 7/12 des Nachlasswertes von 60.000 EUR)

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Kinder des Erblassers mit seiner ersten - vorverstorbenen - Ehefrau. Die Beteiligte zu 3) ist seine zweite Ehefrau und Witwe.

Der Erblasser und die Beteiligte zu 3) errichteten unter dem 10.11.2001 ein gemeinsames Testament, in dem es heißt:

"Nach dem Tode eines Ehegatten gehen alle Rechte und Pflichten an den länger Lebenden über.

Nach dessen Tod erben:

Die Tochter (der Beteiligten zu 3)

Und

Der Sohn (der Beteiligten zu 3).

Das gesamte Vermögen zu gleichen Teilen."

Die Beteiligte zu 3) hatte zunächst einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist, hilfsweise einen gegenständlich beschränkten Erbschein bezüglich zweier Eigentumswohnungen in Mülheim.

Nach Rücknahme dieser Erbscheinsanträge hat die Beteiligte zu 3) zuletzt beantragt, ihr einen Teilerbschein mit der Maßgabe zu erteilen, dass sie zu 7/12 Erbin ihres verstorbenen Mannes geworden sei.

Sie hat geltend gemacht, der Ehefrau stehe nach italienischem Recht 1/3 des Nachlasses des Erblassers zu. Dieser Erbanteil erhöhe sich nach § 1371 BGB um ¼ des Nachlasses.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Sie haben sich darauf berufen, dass der Zugewinnausgleich durch Erbteilserhöhung dann nicht zu verwirklichen sei, wenn das ausländische Erbrecht eine solche Quote nicht kenne. Keinesfalls könne die Anwendung des § 1371 BGB dazu führen, dass der Ehegatte auf diese Weise eine höhere Quote erhalte als nach deutschem Erbrecht.

Durch Beschluss vom 31.7.2014 hat das AG den Antrag der Beteiligten zu 3) zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 3) mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.8.2014 Beschwerde eingelegt und hilfsweise den Antrag gestellt, ihr einen Teilerbschein gem. § 2353 BGB mit der Maßgabe zu erteilen, dass sie zu ½ Erbin geworden sei.

Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 15.8.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Zum Hilfsantrag hat es ausgeführt, dem Antrag stehe entgegen, dass das italienische Erbrecht dem deutschen nicht gleich und äquivalent sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Hauptantrags richtet. Sie hat indes Erfolg, soweit die Beteiligte zu 3) mit dem Hilfsantrag die Erteilung eines Teilerbscheins beantragt, der sie zu ½ als Erbin ausweist.

1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Hauptantrags richtet.

Ein Teilerbschein, der sie zu 7/12 als Erbin des Erblassers ausweist, kann der Beteiligten zu 3) nicht erteilt werden.

a) Das AG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Erbstatut des Erblassers nach italienischem Recht richtet.

Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Eine formwirksame Rechtswahl in Form einer Verfügung von Todes wegen hat nicht stattgefunden. Das gemeinschaftliche Testament der Eheleute vom 10.11.2001 ist demnach unwirksam, weil eine gegenseitige Erbeinsetzung in einem Testament nach italienischem Recht nicht zulässig ist.

Nach italienischem Recht - Art. 581c. c. - haben Verwandte und der Ehegatte neben mehreren Kindern des Erblassers ein gesetzliches Erbrecht, welches vorsieht, dass dem Ehegatten neben einem Kind ein Erbteil von 1/2 und neben mehreren Kindern ein Erbteil von 1/3 zusteht.

b) Das AG ist - in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Beteiligten - zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Güterrechtstatut des Erblasse...

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