Leitsatz (amtlich)

Bedarf eine Rechtsnorm der kraft Erbstatuts berufenen Rechtsordnung eines anderen Staates (hier. Iran) wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public der Korrektur und würde diese in Verbindung mit der Berücksichtigung einer Erbteilserhöhung dazu führen, dass im Endergebnis zugunsten des überlebenden Ehegatten die Anwendung des ausländischen Rechts vollständig übergangen und durch das Ergebnis nach deutschem Recht ersetzt würde, so hat im Erbscheinsverfahren bei der Bestimmung der Erbquoten die Pauschalerhöhung außer Betracht zu bleiben; der Überlebende Ehegatte ist auf die Berechnung einer etwaigen Zugewinnausgleichsforderung nach §§ 1373 ff. BGB verwiesen.

 

Normenkette

EGBGB Art. 6; BGB § 1371 Abs. 1, § 1373 ff.

 

Verfahrensgang

AG Langenfeld (Beschluss vom 08.02.2007; Aktenzeichen 47 VI 38/05)

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 T 651/07)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird die angefochtene Entscheidung teilweise geändert.

Sowohl die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1. bis 5. als auch die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 6. gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht - Langenfeld vom 8.2.2007 werden zurückgewiesen.

Eine Erstattung in den Beschwerderechtszügen entstandener außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert für beide Erstbeschwerden sowie für die weitere Beschwerde wird auf jeweils 437.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Erblasser war iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger des schiitischen Islam. Die Beteiligten zu 1. bis 5. sind seine Geschwister, die Beteiligte zu 6. war seine Ehefrau. Kinder hatte der Erblasser nicht. Er hinterlässt sowohl in Deutschland als auch im Iran belegenen Nachlass. Eine Verfügung von Todes wegen hatte er nicht errichtet.

Der Erblasser lebte seit Anfang der 1950er Jahre bis jedenfalls 1991 in Deutschland. 1960 heiratete er auf einer Reise in den Iran die Beteiligte zu 6., die zu diesem Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige und christlichen Glaubens war. Nach der Eheschließung kehrten der Erblasser und die Beteiligte zu 6. nach Deutschland zurück. Der Erblasser arbeitete zunächst als angestellter, hernach als niedergelassener Arzt. Jedenfalls 1992 gab er seine Praxis aus gesundheitlichen Gründen auf. Ob sein Lebensmittelpunkt und derjenige der Eheleute ab diesem Zeitpunkt in Deutschland oder im Iran war, ist zwischen den Beteiligten umstritten.

Die Beteiligten zu 1. bis 5. einerseits und die Beteiligte zu 6. andererseits haben jeweils einen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen, gegenständlich auf den in Deutschland belegenen Nachlass beschränkten Erbschein gestellt. Die Anträge unterscheiden sich im Kern hinsichtlich der auf die Geschwister einerseits und die Witwe andererseits entfallenden Erbquoten. Die Beteiligten zu 1. bis 5. meinen, die Beteiligte zu 6. sei Erbin lediglich zu ¼ des beweglichen Nachlasses des Erblassers geworden, bezüglich des Restes des beweglichen sowie der Gesamtheit des unbeweglichen Vermögens seien sie selbst - zu unterschiedlichen Quoten - Erben. Die Beteiligte zu 6. steht auf dem Standpunkt, sie habe den Erblasser - im Hinblick auf bewegliches wie auf unbewegliches Vermögen - zu ¾ beerbt, lediglich der Rest entfalle auf die Beteiligten zu 1. bis 5. (zu wiederum unterschiedlichen Quoten). Das Nachlassgericht hat beide Anträge zurückgewiesen. Hiergegen haben sowohl die Beteiligten zu 1. bis 5. als auch die Beteiligte zu 6. Beschwerde eingelegt.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Beschwerdegericht dem Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. bis 5. stattgegeben, das Rechtsmittel der Beteiligten zu 6. hingegen zurückgewiesen.

Gegen die Beschwerdeentscheidung wendet sich die Beteiligte zu 6. nunmehr mit ihrer weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 1. bis 5. entgegentreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Das gem. §§ 27 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 1, 29 FGG als weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 6. hat in der Sache lediglich teilweise Erfolg, nämlich soweit das LG der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1. bis 5. gegen den Beschluss des Nachlassgerichts stattgegeben hat; im Übrigen ist es unbegründet. Damit wird im Ergebnis die Entscheidung des Nachlassgerichts, beide Erbscheinsanträge zurückzuweisen, wieder hergestellt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern i.S.d. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das Nachlassgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass, da der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen habe, die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei. Ebenfalls zutreffend habe das Nachlassgericht iranisches Recht als Heimatrecht des Erblassers angewendet; die Anwendbarkeit sei zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten. Die Bestimmung des insoweit anwendbaren Rechts richte sich nach dem Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien von 1929. Der Erblasser sei iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger ...

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