Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf einer Schenkung von Verwandten eines Ehegatten wegen groben Undanks

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wegen groben Undanks kann die Schenkung von Verwandten eines Ehegatten trotz Eheverfehlungen des anderen (mitbeschenkten) Ehegatten nur unter besonderen Umständen widerrufen werden.

2. In diesem Fall ist auch die Geschäftsgrundlage nicht weggefallen, wenn die Schenkung nicht ehe-, sondern familienbezogen erfolgte.

 

Normenkette

BGB § 530 Abs. 1, §§ 242, 812

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 8 O 315/03)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der Beklagten wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. in D. ratenfreie Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen die Berufung der Klägerin bewilligt.

 

Gründe

I. Das zulässige Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des LG, die Klägerin könne die behaupteten Geldschenkungen nach erklärtem Widerruf mangels einer Widerrufslage nicht zurückfordern.

a) Gemäß § 530 Abs. 1 BGB kann eine Schenkung dann widerrufen werden, wenn dem Beschenkten eine schwere Verfehlung ggü. dem Schenker oder einem nahen Angehörigen zur Last fällt (objektive Seite) und sich dadurch groben Undanks ggü. dem Schenker schuldig gemacht hat (subjektive Seite). Schwere Verfehlungen der Beklagten zu Lasten der Klägerin werden von ihr nicht behauptet. Die eheliche Untreue eines Ehegatten stellt nur unter besonderen Bedingungen eine schwere Verfehlung i.S.d. § 530 Abs. 1 BGB dar (vgl. dazu BGH v. 19.1.1999 - X ZR 60/97, MDR 1999, 1054 = NJW 1999, 1623 sub Nr. 3c). Das könnte etwa bei evident einseitiger Abkehr eines Ehegatten aus einer bis dahin intakten Ehe i.S.d. § 1579 Nr. 6 BGB in Betracht gezogen werden. Die bloße eheliche Untreue der Beklagten reicht, wie das LG im Ergebnis zu Recht angenommen hat, dafür nicht aus (vgl. BGH v. 19.1.1999 - X ZR 60/97, MDR 1999, 1054 = NJW 1999, 1623 sub Nr. 3c und OLG Düsseldorf v. 24.11.2000 - 14 U 112/00, OLGReport Düsseldorf 2001, 299). In diesem Zusammenhang ist gänzlich ohne Belang, dass im Streitfall die eheliche Untreue zu einer Schwangerschaft der Beklagten geführt hat. Das gilt jedenfalls dann, wenn wie hier keine objektiven Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie in ehefeindlicher Gesinnung bewusst herbeigeführt worden ist. Maßgeblich ist allein, ob das eheliche Fehlverhalten (Untreue) zu Lasten des Ehemannes schenkungsrechtlich als schwere Verfehlung der Beklagten zu beurteilen ist. Das ist mangels Vortrags besonderer Umstände nicht der Fall.

b) Soweit die Klägerin im zweiten Rechtszug ihren diesbezüglichen Vortrag ergänzt, kann offen bleiben, ob er (was zweifelhaft ist) überhaupt geeignet ist, das Tatbestandsmerkmal einer schweren Verfehlung i.S.d. § 530 Abs. 1 BGB zu erfüllen. Die Klägerin ist mit neuem Tatsachenvortrag nämlich gem. §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Das LG hat entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verfahrensfehlerhaft einen Hinweis gem. § 139 ZPO unterlassen. Für den Sachvortrag, der eine spezifische Anspruchsnorm (hier § 530 Abs. 1 BGB) ausfüllen soll, ist die Klägerin verantwortlich. Nur dann, wenn aus dem Zusammenhang ersichtlich wird, dass rechtsirrtümlich Tatsachenvortrag unterbleibt, ist das Gericht gehalten, einen Hinweis zu erteilen. Im Streitfall hatte die Klägerin den Widerruf der Schenkung aber gerade nicht auf undankbares Verhalten der Beklagten, sondern auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage (Ehescheidung) gestützt. Unter diesen Umständen musste das LG davon ausgehen, dass ein spezifisch undankbares Verhalten der Beklagten ggü. der Klägerin nicht geltend gemacht werden sollte.

2. Ferner ist im Ergebnis die Beurteilung des LG nicht zu beanstanden, wonach die Klägerin einen Rückgewähranspruch auch nicht auf den Wegfall oder die wesentliche Veränderung der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) der behaupteten Schenkungen zu stützen vermag.

a) Ein solcher Anspruch kommt dann in Betracht, wenn einer Seite nach dem Eintritt veränderter Umstände und unter Berücksichtigung der gesamten Interessenlage ein Festhalten an den ursprünglichen Absprachen nicht zuzumuten ist (BGH v. 19.1.1999 - X ZR 60/97, MDR 1999, 1054 = NJW 1999, 1623 sub Nr. 4). Geschäftsgrundlage sind (nur) solche Umstände, die nicht zum Vertragsinhalt gemacht worden sind, auf die aber entweder der gemeinsame Vertragswille aufbaut oder von einer Vertragsseite erkennbar zur Vertragsgrundlage gemacht worden ist, ohne dass die andere Seite dem widerspricht. Zur Geschäftsgrundlage gehören dagegen nicht solche erkennbar hervorgetretenen Umstände, die zum Risikobereich einer Vertragspartei gehören. Die Lehre von der Geschäftsgrundlage darf nicht dazu führen, dass Risiken, die das Gesetz einer Vertragsseite zuweist (et...

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