Verfahrensgang

LG Kleve (Entscheidung vom 29.12.2010; Aktenzeichen 2 O 228/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil der Einzelrichterin der

2. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 29.12.2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Streitwert: bis 300,- €

 

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine von 10 Personen bzw. gemeinnützigen Organisationen, die laut Erbschein des Amtsgerichts Rheinberg Erben nach der am 28.06.2008 in Alpen verstorbenen Frau A. geworden sind. Der Beklagte war deren Generalbevollmächtigter und ist ihr Testamentsvollstrecker.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rechnungslegung und Zahlung in Anspruch.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß durch Teilurteil verurteilt, der Erbengemeinschaft nach Frau A. zu Händen der Klägerin eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens der Erblasserin für den Zeitraum 24.03.2003 bis einschließlich 28.06.2008 nebst Belegen zu erteilen.

Dieses Urteil hat das Landgericht für vorläufig vollstreckbar erklärt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,- €.

Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt.

Durch Verfügung vom 15.04.2011 ist der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass die Verwerfung der Berufung als unzulässig in Betracht kommt, weil die Berufungssumme gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreicht ist.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2011 hat der Beklagte geltend gemacht, bei den Stundenverrechnungssätzen eines Steuerberaters und des über fünf Jahre währenden Zeitraums der umfänglichen Verwaltungsführung dürfte der Wert des Beschwerdegegenstandes ersichtlich leicht die Erwachsenheitssumme überschreiten. Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2011 hat der Beklagte ergänzend ausgeführt, bei seiner umfangreichen Tätigkeit für die Erblasserin von über fünf Jahren, beinhaltend mehrere Grunderwerbsgeschäfte bzw. Veräußerungen, sei die genaue Rechnungslegung nebst Peripheriegeschäften bei weitem mit einem höheren Betrag als 600,- € anzusetzen. Zudem habe er ein erhebliches Geheimhaltungsinteresse, da es sich bei dem Teilurteil offenbar um ein Musterverfahren handele, an dem auch die anderen Miterben, teilweise Nachbarn des Beklagten, zu partizipieren beabsichtigten.

II.

Die Beschwer des Beklagten bemisst der Senat mit bis zu 300,- €. Die Berufung des Beklagten ist daher gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Beschwer des Beklagten 600,- € nicht übersteigt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), den das Gericht im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. nur BGH FamRZ 2008, 1336 m.w.N.; BGH FamRZ 2007, 712 m.w.N.).

Dabei hat der Berufungsführer die Beschwer glaubhaft zu machen, § 294 ZPO. Bei einer Verurteilung zur Auskunft bzw. Rechenschaftslegung ist die konkrete Darlegung des notwendigen Aufwands erforderlich (vgl. nur OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 419; Zöller/ Heßler, Kommentar zur ZPO, 28. Aufl., § 511 Rdz. 33). Kommt der Berufungsführer dieser Obliegenheit nicht nach, schätzt das Berufungsgericht die Beschwer aufgrund eigener Lebenserfahrung und Sachkenntnis nach freiem Ermessen.

III.

In Anwendung dieser Grundsätze gilt vorliegend folgendes:

Der Beklagte hat trotz Hinweises in der Verfügung vom 15.04.2011 den voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten nicht beziffert, insbesondere nicht angegeben, wie hoch er seinen eigenhändigen Aufwand einschätzt, d.h. wie viele Arbeitsstunden und welchen Stundensatz er für erforderlich hält. Vielmehr hat er lediglich ausgeführt, dieser sei bei weitem mit einem höheren Betrag als 600,- € anzusetzen. Seinem Vortrag lässt sich dies indes nicht entnehmen. Er verfügt nach seinen Angaben im Schriftsatz vom 21.10.2010 über eine vollständige Aufzeichnung aller Einnahmen und Ausgaben auf 88 Journalseiten sowie über 21 Ordner, in denen sich sämtliche Belege befinden (Bl. 108 GA). Aufgrund der Verurteilung muss er die bereits zusammengestellten Daten lediglich an die Erbengemeinschaft übermitteln. Der dabei entstehende Arbeits- und möglicherweise Kopieraufwand ist nicht mit den Gebühren zu bemessen, die der Beklagte als Steuerberater in Rechnung stellen könnte, sondern nach den Regelung des JVEG (vgl. BGH ZEV 2002, 194, 195; BGH Report 2001, 481 unter II. 2. a)). Der Grundstundensatz, den ein Zeuge oder eine Partei im Zivilprozess erhalten würde, beträgt gemäß § 20 JVEG 3,- €. Die Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 12,- € pro Stund...

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