Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsame Sorge durch Heirat auch bei vorher abweichender Regelung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Heirat vermittelt gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB auch dann eine gemeinsame Sorgeberechtigung über gemeinsame Kinder, wenn das Sorgerecht zuvor durch eine gerichtliche Entscheidung abweichend geregelt worden war.

 

Normenkette

BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 26.03.2009)

 

Tenor

... wird der Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 26.3.2009 auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat den aus dem Tenor ersichtlichen vorläufigen Erfolg. Dem Antragsteller kann die Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt werden.

Zwar teilt der Senat grundsätzlich die sorgfältig begründete, auf ein bereits eingeholtes Sachverständigengutachten gestützte Einschätzung des AG, dass es dem Wohl der betroffenen Kinder am besten entspricht, wenn die Mutter die Alleinsorge ausübt.

Bei Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs konnte dem Antragsteller jedoch die hinreichende Erfolgsaussicht seines Begehrens nicht abgesprochen werden, weil ein Sachverständigengutachten noch nicht vorlag und der Verfahrensausgang offen war.

Zudem geht das AG in seiner Entscheidung davon aus, dass die Sorgerechtsentscheidung des AG Tirana/Republik Albanien, mit der die Alleinsorge über die Kinder auf die Mutter übertragen wurde, auch nach der Wiederheirat der Kindeseltern weiter Bestand hat. Dies begegnet jedoch durchgreifenden Bedenken.

Nach Rechtsauffassung des Senats, die auch in der Literatur überwiegend geteilt wird (Staudinger - Coester, BGB (2007), § 1626a, Nr. 19; Münchner Kommentar - Huber, BGB, 5. Aufl., § 1626a Rz. 23; a.A. Palandt - Diedrichsen, BGB, 68. Aufl., § 1626a Rz. 5), vermittelt die Heirat gem. § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB auch dann eine gemeinsame Sorgeberechtigung über gemeinsame Kinder, wenn das Sorgerecht zuvor durch eine gerichtliche Entscheidung abweichend geregelt worden war. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben somit durch ihre Wiederheirat am 18.5.2007 vor dem Standesamt Essen (Heiratsregisternummer ...) kraft Gesetzes das gemeinsame Sorgerecht über die betroffenen Kinder wieder erlangt. Auch anlässlich der erneuten Scheidung der Ehe durch Urteil des AG Mülheim vom 6.3.2009 (Az. 21 F 717/08) verblieb es bei der gemeinsamen Sorge.

Da die gemeinsame Sorge jedoch nach der Einschätzung des AG, der sich der Senat anschließt, nicht beibehalten werden kann, ist eine gerichtliche Regelung im vorliegenden Verfahren erforderlich. Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe für die Wahrnehmung seiner Rechte als Verfahrensbeteiligter deshalb nicht wegen mangelnder Erfolgsaussicht verweigert werden.

Da der Antragsteller bisher keine vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen vorgelegt hat, wird das AG über seine Bedürftigkeit noch zu befinden haben. Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und an das AG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2323643

FamRZ 2010, 385

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