Leitsatz (amtlich)

1. Nach einer Klagerücknahme werden die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens nicht vom Kostenausspruch gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umfasst. Eine Ausgrenzung dieser Kosten gem. § 96 ZPO verbietet sich deshalb.

2. Die Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Kostenentscheidung des Hauptverfahrens ist nur dann gerechtfertigt, wenn in der Hauptsache das Obsiegen und Unterliegen der Parteien festgestellt wird. Da dies nach einer Klagerücknahme nicht mehr der Fall ist, bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nicht entschieden wird. Für den Antragsgegner eröffnet das Gesetz mit der Vorschrift des § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO eine ausreichende Möglichkeit, eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten zu erreichen.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 16.11.2006; Aktenzeichen 2 O 151/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Kleve vom 16.11.2006 - 2 O 151/04, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks Dr. K.-Straße/A.-.F-Straße in G. Durch Vertrag vom 3.10.1998 beauftragten die Klägerin und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann die Beklagte mit Sanierungsarbeiten an dem in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts errichteten Haus, insb. mit der Behebung von Feuchtigkeitsproblemen im Kellergeschoss. Da die Klägerin nach Ausführung der Arbeiten weiterhin verstärkt den Auftritt von Feuchtigkeit im Kellergeschoss beobachtete, beantragte sie die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Der durch Beschluss des LG Kleve vom 1.12.2000 - 3 OH 25/00 - beauftragte Sachverständige stellte fest, dass die Feuchtigkeitsschäden zum einen auf der im Zuge der Sanierungsarbeiten mangelhaft durchgeführten Abdichtung der Kelleraußenwände beruhten, zum anderen auf einer fehlenden Horizontalsperre. Da die Beklagte nicht beauftragt worden war, eine Horizontalsperre einzubringen, erachtete der Sachverständige u.a. die insoweit für die Sanierung der Innenwände anfallenden Kosten i.H.v. 9.425 DM als sog. "Sowieso-Kosten".

In der Folgezeit führte die Beklagte Nachbesserungsarbeiten in Bezug auf die Außenisolierung durch, zog aber keine Horizontaldichtung ein. Mit der Klage hat die Klägerin Kostenvorschuss für die Durchführung von weiteren Nachbesserungsarbeiten verlangt. Nach Einholung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigengutachtens und der Anhörung des Sachverständigen hat die Klägerin im Termin vom 19.10.2005 die Klage zurückgenommen.

Das LG hat daraufhin mit am 16.11.2005 verkündeten Beschluss die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 ZPO der Klägerin auferlegt, mit Ausnahme der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens. Dessen Kosten hat es zur Hälfte der Klägerin, zur Hälfte der Beklagten auferlegt.

Zur Begründung hat es ausgeführt:

Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens seien auch dann Kosten des Hauptsacheverfahrens, wenn nur Teile des Gegenstandes eines selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand der anschließenden Klage gemacht würden. Aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung müsse über diese Kosten insgesamt entschieden werden, auch wenn das Beweisergebnis nicht oder nicht vollständig verwertet worden sei. Das Gericht könne dabei von der Möglichkeit des § 96 ZPO, über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gesondert zu entscheiden, Gebrauch machen. Dies gelte, unter Berufung auf eine Entscheidung des 12. Senats des OLG Düsseldorf (BauR 1996, 907 (Leitsatz); OLG Düsseldorf v. 23.9.1996 - 12 W 42/96, BauR 1997, 349 ff.) auch dann, wenn die Klage zurückgenommen worden sei. Eines Verfahrens nach § 494a ZPO bedürfe es aus prozessökonomischen Gründen nicht. Da die Kosten der Sanierung der Außenbeschichtung zwar Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens, nicht aber des anschließenden Rechtsstreits gewesen seien, da die Beklagte die diesbezüglichen Mängelbeseitigungsarbeiten vorgerichtlich ausgeführt habe, habe sie insofern nach dem Gedanken des § 96 ZPO die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Ansicht, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens seien im Fall der Klagerücknahme nicht von der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umfasst, jedenfalls habe die Klägerin aber sämtliche Kosten gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu tragen. § 96 ZPO sei nicht anwendbar, da die Vorschrift voraussetze, dass eine Partei obsiege, der Rechtsstreit also durch streitiges Urteil beendet werde.

Die Beklagte beantragt, den Beschluss des LG Kleve dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin insgesamt auferlegt werden, und zwar unter Einschluss derer des selbständigen Beweisverfahrens vor dem LG Kleve - 3 OH 25/00.

Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Der angefochtene Beschluss kan...

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