Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Aufrechnung eines auf Herausgabe eines bestimmten Geldes (hier: Gerichtskostenvorschuss) gerichteten Anspruchs aus § 667 BGB

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 1 O 446/07)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Be-schlussverfahren zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

3. Der am 9.2.2010 geplante Senatstermin entfällt.

 

Gründe

I. Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat den beklagten Rechtsanwalt im Ergebnis zu Recht zur Rückzahlung des von ihm vereinnahmten Fremdgeldes (Gerichtskostenvorschuss: 11.118 EUR nebst Zinsen) verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungseinwände rechtfertigen keine dem Beklagten günstigere Entscheidung.

1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten gem. §§ 667, 675 BGB ein auf Zahlung gerichteter Herausgabeanspruch in Höhe des von der Rechtsschutzversicherung unstreitig geleisteten Gerichtskostenvorschusses zu, und zwar entgegen der Rechtsauffassung des LG aus eigenem Recht.

a) Richtig ist allerdings der vom LG gewählte rechtliche Ansatz: Kostenerstattungsansprüche des Nehmers einer Rechtsschutzversicherung gehen auf den Rechtsschutzversicherer über, der vertragsgemäß Leistungen an den Versicherungsnehmer erbringt (§ 67 Abs. 1 S. 1 VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung -künftig: VVG a.F.- in Verbindung mit den dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen -ARB-, und zwar entweder gem. § 20 Abs. 2 ARB 1975 oder gem. dem im Wesentlichen gleichlautenden § 17 Abs. 8 ARB 1994 (2000), je nachdem, wann der Kläger die Rechtsschutzversicherung genommen hat). Der kraft Gesetzes eintretende Rechtsübergang (cessio legis) erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem der Kostenerstattungsanspruch entsteht (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 1155; VersR 2008, 1347).

b) Ein solcher Kostenerstattungsanspruch als Voraussetzung eines Rechtsübergangs auf den Rechtsschutzversicherer ist in feststellbarer Weise indes nicht entstanden. Dies hat der Beklagte jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Die Darlegungslast trifft ihn als denjenigen, der sich auf den Rechtsverlust des Klägers auf der Grundlage einer cessio legis beruft (vgl. Grüneberg in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 398 Rz. 1; vgl. auch BGH NJW 1983, 2018 und 1986, 1925).

aa) Ein auf die hier umstrittene Zahlung bezogener Kostenerstattungsanspruch des Rechtsschutzversicherers hätte nur dann entstehen können, wenn der Beklagte aus den ihm überlassenen Mitteln zweckentsprechend den Kostenvorschuss bei Gericht eingezahlt hätte. Da der Beklagte das aber unstreitig nicht getan hat, konnte zugunsten des Rechtsschutzversicherers kein Kostenerstattungsanspruch kraft Gesetzes übergehen.

bb) Im Übrigen hat der Kläger den Regressprozess, für den der Vorschuss bestimmt war, rechtskräftig verloren, nachdem das OLG Oldenburg (6 U 132/06) seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des LG Osnabrück (12 O 2594/04) im Beschlussverfahren gem. § 522 Abs. 2 ZPO am 27.2.2007 zurückgewiesen hat (vgl. Urt. OLG Düsseldorf v. 1.4.2009, I-18 U 150/08). Auch daraus folgt, dass ein dem Rechtsübergang unterliegender Kostenerstattungsanspruch nicht entstehen konnte.

cc) Die Rechtsschutzversicherung könnte demgemäß allenfalls gegen den Kläger einen Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB) haben, der den gegen den Beklagten gerichteten Herausgabeanspruch aus § 667 BGB aber unberührt lässt.

2. Dieser Anspruch ist durch die vom Beklagten wiederholt erklärte Aufrechnung nicht untergegangen.

a) Die Aufrechnung scheitert indes nicht bereits an fehlender Gleichartigkeit i.S.d. § 387 BGB. Zwar gleicht der auf die Herausgabe bestimmten Geldes gerichtete Anspruch aus 667 BGB nicht dem geltend gemachten Gegenanspruch auf Zahlung von Honorar, der sich nicht auf bestimmtes Geld des Klägers richtet, sondern aus dessen Vermögen zu befriedigen ist. Gleichwohl werden beide Ansprüche, die letztlich Geldzahlungen zum Inhalt haben, i.S.d. § 387 BGB als gleichartig behandelt (vgl. BGH NJW 2005, 3709, 3710).

b) Die vom Beklagten erklärten diversen Aufrechnungen waren unzulässig bzw. unwirksam, weshalb sie - unabhängig vom umstrittenen Bestand der zur Aufrechnung gestellten Honorarforderungen - nicht zum Erlöschen des Herausgabeanspruchs geführt haben.

aa) Zum Zeitpunkt der (ersten) Aufrechnungserklärung vom 19.8.2004, die ggü. dem Kläger erklärt worden ist, war das vom Beklagten vereinnahmte Geld zweckgebunden. Es diente nämlich der Tilgung des erforderlichen Gerichtskostenvorschusses in dem vor dem LG Osnabrück zu führenden Regressprozess. Gegen zweckgebunden vereinnahmte Gelder darf der Rechtsanwalt auch dann nicht aufrechnen, wenn die zur Aufrechnung gestellten Honoraransprüche aus demselben Mandat stammen; stammen sie, wie im Streitfall ganz überwiegend, sogar aus anderen Mandaten, gilt das erst recht (vgl...

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