Leitsatz (amtlich)

1. Wird die nichteheliche Gemeinschaft durch den Unfalltod eines Partners beendet, scheidet eine Rückforderung von zu Lebzeiten an diesen geleisteten Zahlungen des anderen Teils wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus.

2. Der Erbenbesitz setzt keine tatsächliche Sachherrschaft voraus.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 8 O 1458/17)

 

Tenor

I. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Dresden vom 20.05.2019 - Az.: 8 O 1458/17 - werden jeweils zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.400,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO)

I. Die zulässigen Berufungen sowohl der Klägerin als auch der Beklagten haben in der Sache jeweils keinen Erfolg.

1. Ein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB auf Zahlung weiterer 1.900,00 EUR besteht nicht. Die diesbezüglichen landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen geben keinen hinreichenden Anlass zu Zweifeln, die in den durch § 529 ZPO dem Berufungsgericht gezogenen Grenzen eine erneute Beweisaufnahme erfordern. Ein solcher Anspruch kommt auch nicht wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage entsprechend § 313 BGB in Betracht.

Die Rückforderung von Zuwendungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach diesen Grundsätzen setzt voraus, dass der Zuwendung die Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben und diese Erwartung sodann enttäuscht wird. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die zurückgeforderte Leistung auf einen spezifischen finalen Zweck ausgerichtet ist und hierbei deutlich über das hinausgeht, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Zusätzlich darf dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten sein (BGH, Urteil vom 06.07.2011 - XII ZR 190/08, in NJW 2011, 2880 f., 2882; Urteil vom 09.07.2008 - XII ZR 179/05, Rz. 33 f., 35, nach juris). Hieran fehlt es. Die der Zahlung möglicherweise zugrunde liegende Erwartung der Klägerin, die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit Herrn B...... werde auf Dauer Bestand haben, ist hier gerade nicht enttäuscht worden. Die Gemeinschaft hatte vielmehr bis zum Unfalltod des Herrn M...... B...... Bestand. Zum Zweiten kann nicht festgestellt werden, dass der Gesamtbetrag, der überwiegend in monatlichen Stückelungen von 200,00 EUR bis 300,00 EUR bar an den Verstorbenen ausgezahlt worden sein soll, besonders deutlich über dasjenige hinausginge, was die Lebensgemeinschaft im Allgemeinen verbraucht hat. Angesichts der übrigen Vermögensverhältnisse lässt sich auch keine Unbilligkeit feststellen, die derart ausgeprägt wäre, dass der Klägerin als der Leistenden die Beibehaltung der durch diese Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten wäre. Schließlich hat auch die Klägerin keinen jenseits der Zweckvereinbarung "Anschaffung eines Wohnmobils" vorhandenen besonderen Zweck aufgezeigt, der mit dem Tod des Herrn M...... B...... die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigen würde.

Dass auch die noch streitgegenständlichen 1900,- EUR dem Erwerb eines Wohnmobils dienen sollten, hat sie ebenfalls nicht mit der für § 286 ZPO hinreichenden Gewissheit beweisen können. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat insofern auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug. Die Angaben der Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat sprechen gegen eine solche Zweckvereinbarung. Ausdrücklich hat sie dort eingeräumt, dass ihr verstorbener Lebensgefährte die streitgegenständliche Summe, die sie ihm bar übergeben haben will, für sich behalten und für den Lebensunterhalt verbraucht hat. Sie hat hingegen nicht bekundet, dass dieser sich im Gegenzug ausdrücklich dazu verpflichtet hätte, jeweils entsprechende Beträge für die Anschaffung des Wohnmobils auf seinem Konto zurückzustellen, um ein "Hin und Her" von Aus,- und Einzahlungen zu vermeiden. Legt man die von der Klägerin geschilderte Verfahrensweise zugrunde, war also völlig unklar, wie sich die Parteien der Lebensgemeinschaft über die Höhe der für das Wohnmobil angesparten Beträge Rechenschaft ablegen wollten. Hierzu hätte indes umso mehr Veranlassung bestanden, als die Lebenspartner - wie die Klägerin ebenfalls bekundet hat - ansonsten auf eine Abgrenzung ihrer Vermögenssphären bedacht waren. Wieso bei den 1900,- EUR von der Verfahrensweise abgewichen wurde, die die Parteien in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle praktiziert haben, konnte die Klägerin dem Senat ebenfalls nicht mit der für eine Überzeugungsbildung ausreichenden Gewissheit vermitteln. Vielmehr spricht auch im Anschluss an ihre Anhörung zumindest der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass auch die Klägerin die streitgege...

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