Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Urteil vom 09.08.1999; Aktenzeichen 3 O 138/99)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das Grundurteil des Landgerichts Zwickau vom 09.08.1999, Az. 3-O-138/99, berichtigt und wie folgt neu gefasst:

Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Vertrauensschadens aufgrund der Errichtung der Räumlichkeiten zum Betrieb eines Unterhaltungs- und Kulturcenters auf dem Objekt … Straße …/… in … ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.560.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer durch die Beklagte abgegebenen Patronatserklärung.

Am 15.04.1996 schloss die Klägerin mit der Entwicklungsgesellschaft mbH der Stadt … (in der Folge: Entwicklungsgesellschaft) einen bis 31.12.2011 befristeten Mietvertrag über Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss eines noch zu errichtenden Unterhaltungs- und Kulturzentrums (Bl. 14-19 dA). Als Jahresmiete waren 204.000,00 DM sowie eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung von 1.300,00 DM jeweils zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart. Die Entwicklungsgesellschaft ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Beklagten.

Ebenfalls am 15.04.1996 unterzeichnete der Bürgermeister der Beklagten eine von der Klägerin formulierte Patronatserklärung (Bl. 22 dA). Danach verpflichtet sich die Stadt …

„dafür zu sorgen, dass die Entwicklungsgesellschaft mbH der Stadt … in der Weise geleitet und finanziell so ausgestattet wird, dass sie jederzeit in der Lage ist, ihre Verpflichtungen aus dem Mietvertrag für das Mietobjekt in … Straße …/… zu erfüllen” (Bl. 22 dA).

Dieser Patronatserklärung lag ein Beschluss des Stadtrates der Stadt … vom 10.04.1996 (Beschluss Nr. 487) zugrunde (Bl. 301).

Weiter verpflichtete sich die bauausführende Firma, die x. … GmbH und Co. KG, mit Erklärung vom 15.04.1996 der Beklagten gegenüber zur Zahlung von 1 Mio DM, falls es aufgrund eines Verschuldens des Herrn … (welcher gleichzeitig Geschäftsführer der Klägerin ist) bzw. seiner Gesellschaften nicht zum Bau der Stadthalle kommen sollte (Bl. 21 dA)

Nach Fertigstellung des Objektes im März/April 1997 wurde dieses von der Entwicklungsgesellschaft ab Mai 1997 bis April 1998 genutzt. In diesem Zeitraum hat die Entwicklungsgesellschaft die vertraglich vereinbarte Miete gezahlt. Am 01.07.1998 wurde über das Vermögen der Entwicklungsgesellschaft das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Von Juli bis September 1998 leistete der Gesamtvollstreckungsverwalter an die Klägerin auf die vertraglich geschuldete Miete jeweils 10.000,00 DM. Zum 31.12.1998 kündigte er das Mietverhältnis.

Der nach § 117 SächsGemO eingesetzte Beauftragte beantragte mit Schreiben vom 02.09.1998 beim zuständigen Landratsamt Vogtlandkreis die rechtsaufsichtliche Genehmigung der Patronatserklärung. Diese wurde mit Bescheid vom 15.09.1998 (Bl. 56-57 dA) versagt.

Die Klägerin behauptet, dass die Errichtung der vermieteten Räumlichkeiten auf Wunsch und in Abstimmung mit der Beklagten erfolgt sei. Miete, Bauausführung und Ausstattung seien vom Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft mit der Beklagten abgestimmt worden. Bei der Erklärung vom 15.04.1996 handele es sich um eine garantie- bzw. bürgschaftsähnliche „harte” Patronatserklärung, mit welcher die Beklagte habe eine rechtliche Verbindung eingehen wollen. Entgegen ihrer daraus resultierenden Verpflichtung habe diese die Entwicklungsgesellschaft nicht mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet. Aufgrund dessen sei die Beklagte zum Ersatz des sich aus der Zahlungsunfähigkeit der Entwicklungsgesellschaft ergebenden Schadens verpflichtet. Dabei handele es sich insbesondere um den Mietausfall. Selbst wenn die Patronatserklärung genehmigungsbedürftig gewesen sei, könne sich die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die fehlende bzw. versagte Genehmigung berufen.

Unabhängig davon bestehe auch eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des sog. qualifiziert faktischen Konzerns. Der Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft habe wesentliche Entscheidungen nur nach Rücksprache mit der Beklagten treffen dürfen. Es habe eine laufende Einflussnahme der Stadt … auf die Entwicklungsgesellschaft gegeben.

Eine Haftung bestehe auch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.). Der Bürgermeister der Beklagten habe stets den Eindruck erweckt, als sei die Patronatserklärung verbindlich. Die Klägerin meint, dass es der Bürgermeister versäumt habe, sich ausreichend über die Genehmigungspflicht einer solchen Erklärung zu erkundigen und ihr dies bei Vertragsschluss mitzuteilen. Für die Errichtung der Halle seien Kosten i.H.v. 3.560.000,00 DM entstanden.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin...

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