Leitsatz (amtlich)

Die Schließung eines von zwei vorher stets geöffneten Eingängen eines Ladens in einem Einkaufszentrum verstößt nicht gegen die vertraglich vereinbarte Betriebspflicht des Mieters. Die im formularmäßig gestalteten Mietvertrag enthaltene Klausel, der Mieter habe Handlungen zu unterlassen, die die Interessen anderer Mieter des Centers verletzen und sich für das Center abträglich auswirken können, erfasst die Schließung eines Ladenzugangs auch dann nicht, wenn als Folge davon Kunden eine Etage des Einkaufszentrums in geringerem Umfang als vorher aufsuchen.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Entscheidung vom 16.02.2007; Aktenzeichen 1 O 989/06)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.02.2007 zu Aktenzeichen 1 O 989/06 verkündete Urteil der1. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz abgeändert:

    Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten gegenüber nicht verpflichtet ist, den Ein-/Ausgang im 1. Obergeschoss der mit Mietvertrag vom 27.09.1993 angemieteten Verkaufs-/Ladenflächen im Einkaufszentrum N in C während der Öffnungszeiten offen zu halten.

  • 2.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

  • 3.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin aus Nr. 2 des Urteilsausspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6/5 des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls die Klägerin nicht in Höhe von 6/5 des jeweils vollstreckten Betrages Sicherheit leisten sollte.

    Streitwert des Berufungsverfahrens: 62.000,00 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Pflichten der Klägerin aus einem Mietvertrag vom 27.09.1993 (Annlage K 1 im Anlagenband Klägerin). Es geht um Mietflächen im Einkaufszentrum N in C , die die Klägerin als Mieterin zum Verkauf von Textilien nutzt.

Die Übergabe des Mietobjekts erfolgte im Oktober 1994. Die Klägerin, die seither die beiden Ein- und Ausgänge im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des Centers geöffnet und entsprechend personell besetzt hatte, entschloss sich im März 2006 dazu, den Zugang im 1. Obergeschoss zu schließen, so dass die Kunden den Laden nur noch über den im Erdgeschoss des Centers gelegenen Eingang betreten und verlassen konnten. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 27. und 29.03.2006 unter Hinweis auf die in § 8 des Mietvertrages vereinbarte Betriebspflicht entgegen. Sie forderte die Klägerin auf, auch den oberen Zugang wieder zu betreiben, mahnte das Verhalten der Mieterin als vertragswidrig ab und stellte bei Fortsetzung eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 BGB in Aussicht. Die Klägerin öffnete daraufhin den oberen Eingang wieder, vertrat aber wie im vorliegenden Rechtsstreit die Auffassung, dass sie dazu vertraglich nicht verpflichtet sei.

Die Klägerin macht geltend, § 8 des Vertrages verpflichte sie nicht dazu, den Laden mit zwei Ein- und Ausgängen zu betreiben. Das ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie seit Beginn des Mietverhältnisses auch den Eingang im 1. Obergeschoss des Centers geöffnet habe.

Die Beklagte vertritt dagegen die Auffassung, nach § 8 des Vertrages sei die Klägerin zur Aufrechterhaltung auch des oberen Eingangs des Mietobjekts verpflichtet. Als einer der sogenannten "Ankermieter" des Centers habe die Klägerin in besonderem Maße Rücksicht auf die Belange des Einkaufszentrums zu nehmen; der Laden habe wegen der Zugänge im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss eine herausgehobene Bedeutung für die Kundenfrequenz, insbesondere im oberen Stockwerk. Dass auch die Klägerin eine entsprechende vertragliche Verpflichtung anerkannt habe, ergebe sich aus der Tatsache, dass seit Beginn des Mietverhältnisses beide Eingänge des Ladens in Betrieb gehalten worden seien. Die zeitweilige Schließung des oberen Zugangs habe bereits zu Reklamationen von anderen Mietern des Centers geführt. Es sei daher zu erwarten, dass es bei einer fortdauernden Schließung dieses Eingangs zu negativen Auswirkungen, insbesondere für die dort befindlichen anderen Geschäfte komme.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 16.02.2007 (Bl. 38 - 46 dA) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt,

die Schließung des oberen Eingangs verstoße gegen die Betreiberpflicht im Mietvertrag.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens beantragt, für Recht zu erkennen:

Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 16.02.2007 wird abgeändert und es wird festgestellt, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht verpflichtet ist, den Ein-/Ausgang im 1. Obergeschoss der mit Mietvertrag vom 27.09.1993 angemieteten Verkaufs-/Ladenflächen währen der Öffnungszeiten offen zu halten.

Die Beklagten beantragen

Zurückweisung der Berufung;

sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung der erstinstanzlich vorgebrachten Argumentation.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet.

Die Klägerin verhält sich vertragskonform, wenn sie den oberen Eingang ihres Ladens während der Öffnungszeiten des Centers geschlossen häl...

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