rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässiger Ausschluss des Widerrufsrechtes nach § 3 Abs. 1 FernAbsG für elektronische Bauteile. einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Elektronische Bauteile wie RAM-Bausteine, Motherboards und Speichermedien sind keine im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FernAbsG aufgrund ihrer Beschaffenheit für eine Rücksendung nicht geeigneten Waren. Ein Ausschluss des Widerrufsrechtes nach dem Fernabsatzgesetz für diese Waren in AGB für Verbraucher verstößt gegen §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 2 Nr. 1 FernAbsG und ist daher unzulässig.

 

Normenkette

FernAbsG § 3 Abs. 2 Nr. 1

 

Beteiligte

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettberwerbs e. V.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 10 O 2292/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen KZR 18/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 04.05.2001 – Az.: 10 0 2292/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM nicht.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 20.000,00 DM.

 

Tatbestand

(abgekürzt gem. § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Klägerin, ein Verband zur Wahrung gewerblicher Interessen im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, begehrt von der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Verwendung einer AGB-Klausel. Die Beklagte bietet im Internet u.a. elektronische Bauteile an. Ihre per download abrufbaren AGBs für Verbraucher enthalten folgende Klausel:

„7. Widerrufsrecht

Die Rücksendung von Software, Datenträgern, Audio- und Videoaufzeichnungen ist ausgeschlossen, wenn das Siegel gebrochen ist.

Ebenso sind vom Widerrufsrecht Computer und technische Geräte ausgeschlossen, die im sogenannten BTO-Verfahren (Built-to-Order) von uns speziell für sie maßgeschneidert wurden. Ausgeschlossen ist schließlich der Widerruf bezogen auf Waren, die naturgemäß für die Rückgabe ungeeignet sind.Dies gilt für RAM-Bausteine, Motherboards und Speichermedien…”.

Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die genannten Bauteile im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FernAbsG Waren sind, die „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht zur Rücksendung geeignet sind”, so dass der Ausschluss des Widerrufsrechts in den AGB zulässig ist.

Die Beklagte macht geltend, es würden immer wieder vom Kunden vertauschte oder beschädigte Bauteile an sie zurückgesandt. Dies sei – beispielsweise bei RAM-Bausteinen mit unterschiedlicher Kapazität und unterschiedlichem Preis, die sich im Aussehen jedoch praktisch nicht unterscheiden – oft nicht ohne weiteres festzustellen, da entsprechende Artikelnummern nicht aufgebracht seien. Darüber hinaus seien zurückgegebene elektronische Bauteile und Speichermedien wegen der potentiellen Gefahr der Verseuchung mit Computerviren, trojanischen Pferden und Würmern unverkäuflich. Eine aufwendige Testung sei der Beklagten unzumutbar.

Das Landgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen und auf den Widerspruch der Beklagten hin nach mündlicher Verhandlung aufrecht erhalten. Allein die Empfindlichkeit der Ware vermöge die Ungeeignetheit für eine Rücksendung nicht zu begründen. Der Versender sei durch § 361 a Abs. 2 Satz 4 BGB hinreichend gegen die befürchteten Beschädigungen geschützt. Für die Überprüfbarkeit zurückgesendeter Waren auf Unbeschädigtheit sei der Versender verantwortlich. Die Garantie der Neuwertigkeit könnte durch geeignete Versiegelung erreicht werden.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klägerin einen Anspruch gegenüber der Beklagten aus § 13 Abs. 1 AGBG auf Unterlassung der Verwendung der umstrittenen Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verbraucher im Fernabsatz zuerkannt.

Ein Unterlassungsanspruch nach dieser Norm ist, wenn die betreffende Klausel gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (Wolf-Horn-Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 13, Rn. 38; Staudinger-Schlosser, AGBG, 1998, § 13, Rn. 24 f.), jedenfalls dann gegeben, wenn die verletzte Norm die gleiche Schutzrichtung wie § 9 AGBG hat (vgl. Palandt-Heinrichs, 60. Aufl., § 13 AGBG, Rn. 3/4). § 22 AGB greift nicht ein; bei Verwendung unwirksamer AGBG gilt ausschließlich § 13 AGBG (Palandt, § 22 AGBG, Rn. 2).

1. Die streitige Klausel verstößt gegen das gesetzliche Verbot der §§ 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 FernAbsG. Danach steht dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen prinzipiell ein unabdingbares Widerrufsrecht zu. Von dieser Regelung gibt es zwar in § 3 Abs. 2 Ziffern 1 bis 5 FernAbsG normierte Ausnahmen. Die in der Klausel genannten Produkte fallen aber nicht unter eine dieser Ausnahmeregelungen.

a) Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2 Ziff. 1 FernAbsG greift nicht ein.

Dieser Norm zufolge besteht ein Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht bei Fernabsatzverträgen betreffend Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind.

Rechtsprechung zu dieser Regelung gibt es noch ni...

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