Leitsatz (amtlich)

1. Der Ausschluss für besondere Produkthaftpflichtrisiken bei Kraft-, Schienen- und Wasserfahrzeugen bei einer Produkthaftpflichtversicherung für Industriebetriebe (vgl. Ziffer3.1. ProdHM) kann nicht über den Anwendungsbereich von Nr. 7.7 der Allgemeinen-Haftpflicht-Versicherungsbedingungen hinaus erweitert werden.

2. Die Voraussetzungen der Ersichtlichkeit eines Einbaus von Teilen in Kraft-, Schienen- und Wasserfahrzeuge hat der Versicherer darzulegen und zu beweisen.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 17.10.2017; Aktenzeichen 8 O 251/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 17.10.2017, Az. 8 O 251/17, abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag "Allgemeine Haftpflichtversicherung" Versicherungsschein xxxxxxxx/xxx für den Versicherungsfall xx-xxxxxxx, Anspruchssteller K... Dresden GmbH für Aus- und Einbaukosten nach der erweiterten Produkthaftpflichtdeckung zu gewähren.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Versicherungsschutz aus einer erweiterten Produkthaftpflichtversicherung.

Wegen der Einzelheiten der dem Versicherungsvertragsverhältnis zugrunde liegenden Bedingungen wird auf den Versicherungsschein vom 03.09.2012 (Anlage K 4) nebst den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Produkthaftpflicht-Versicherung von Industrie- und Handelsbedingungen vom März 2009 (im folgenden ProdHaftPfl, Anlage K 12) verwiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergänzend Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der als Versicherungsvermittler der Beklagten tätige Zeuge W. habe die für die Rechtsvorgängerin der Klägerin handelnde Frau B. nicht fehlerhaft beraten. Er habe ausdrücklich auf die Ausschlussklausel hingewiesen und darüber hinaus auch angeboten, die Klausel abzubedingen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Zu deren Begründung rügt sie die Beweiswürdigung des Landgerichts. Der Zeuge habe den Versicherungsbedarf unzureichend ermittelt, da die - nicht dokumentierte - Beratung zur Ausschlussklausel in Ziffer 1.2 ProdHaftPfl fehlerhaft sei. Zudem sei der Ausschluss in Ziff. 4.4.4.2 ProdHaftPfl überhaupt nicht erörtert worden. Die Klägerin habe auch aus den Zeichnungen des Auftraggebers, der Fa. K... Dresden GmbH (im folgenden K...), nicht erkennen können, dass die zu härtenden Teile letztlich in Schienenfahrzeugen verbaut werden sollten. Demnach greife der in Ziffer 4.4.4.2. ProdHaftPfl vereinbarte Deckungsausschluss nicht ein, wonach eine Deckung nur dann nicht bestehe, wenn die Produkte ersichtlich für den Einbau in Schienenfahrzeugen bestimmt seien. Eine Lohnhärterei könne nicht wissen, in welchem Endprodukt die gehärteten Teile eingebaut werden, und dies auch nicht für jeden Kunden klären bzw. einen Ausschluss vereinbaren. Hinzu komme die Kunden- und Auftragsstruktur der Klägerin, die solche Ermittlungen ausschließe. Der Zeuge habe der Klägerin kein Angebot vorgelegt, das eine Streichung der Ausschlussklausel beinhaltete. Die Klägerin sei auch nicht über die Höhe einer eventuellen Mehrprämie informiert worden. Die Beklagte habe schließlich nicht auf den aus den jährlichen Meldebogen ersichtlichen Beratungsbedarf der Klägerin reagiert. Nachdem Frau B. verstorben war und die Klägerin im Handelsregister eingetragen wurde, sei die Klägerin überhaupt nicht mehr beraten worden. Das Landgericht habe sich auch nicht mit der Frage des Anerkenntnisses der Beklagten auseinandergesetzt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LG Dresden vom 17.10.2017, Az. 8 O 251/17

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag "Allgemeine Haftpflichtversicherung" Versicherungsschein xxxxxxxx/xxx für den Versicherungsfall xx-xxxxxxx, Anspruchssteller K... Dresden GmbH für Aus- und Einbaukosten nach der erweiterten Produkthaftpflichtdeckung zu gewähren,

2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin so zu stellen, als hätte sie Versicherungsschutz aus dem Versicherungsvertrag "Allgemeine Haftpflichtversicherung", Versicherungsschein xxxxxxxx/xxx für den Versicherungsfall x-xxxxxxx, Anspruchssteller K... Dresden GmbH für Aus- und Einbaukosten nach der erweiterten Produkthaftpflichtdeckung gehabt (Quasideckung).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig und hat Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Be...

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