Entscheidungsstichwort (Thema)

AHB: unklare Ausschlussklausel für Vorsatz in Forderungsausfallversicherung; Ausschluss für Geld- und Kreditgeschäfte erfasst auch private Geschäfte

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer Haftpflichtversicherung geltende Ausschlussklausel für Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, ist für die damit verbundene Forderungsausfallversicherung trotz Verweises auf den Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung wohl nicht auf Haftpflichtansprüche wegen vorsätzlicher Schädigungen zu Lasten des Versicherungsnehmers anzuwenden; der Wortlaut der Ausschlussklausel deckt solches nicht. Da sich der Verweis auf die Klausel auch im Sinne eines Ausschlusses für vom Versicherungsnehmer (mit) herbeigeführte, etwa provozierte Schäden zu seinen Lasten verstehen lässt, greift insoweit wohl die Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB.

2. Der Ausschluss des Versicherungsschutzes für Haftpflichtansprüche aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Geld- und Kreditgeschäften greift in einer Privathaftpflichtversicherung nicht nur bei gewerblichen Geschäften, sondern bei jeglichen Rechtsgeschäften der genannten Art.

3. Der Ausschluss des Versicherungsschutzes für Haftpflichtansprüche aus bewusster Pflichtverletzung setzt lediglich ein bewusst pflichtwidriges Verhalten, nicht aber Vorsatz im Hinblick auf die Schadensentstehung voraus.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 30.11.2011)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.11.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das Urteil des LG ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Forderungsausfallversicherung auf Entschädigungsleistung für eine Schadensersatzforderung in Anspruch, die sie mit dem im Vorprozess vor dem LG Köln gegen ihre private Darlehensnehmerin erwirkten Versäumnisurteil nicht hat realisieren können.

Ausweislich des Versicherungsscheins vom 27.10.2005 zur Vers. nr. 123 (Anlage K1) war die Klägerin bei der Beklagten seit dem 1.6.2006 im Tarif "Privathaftpflichtversicherung Spezial" sowie über eine damit verbundene Forderungsausfallversicherung versichert. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die einzelnen Tarife (BBR) der Beklagten zugrunde.

Nach § 1 Ziff. 1 AHB gewährt die Beklagte Versicherungsschutz für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines "Schadensereignisses, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) (...) von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird". Nach § 1 Ziff. 3 AHB kann der Versicherungsschutz "durch besondere Vereinbarung ausgedehnt werden auf die gesetzliche Haftpflicht wegen Vermögensschädigung, die weder durch Personenschaden noch durch Sachschaden entstanden ist".

Nach § 4 Abs. 1 Ziff. 6 AHB besteht kein Versicherungsschutz für "Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen, (...) auf Schadensersatz statt der Leistung (...) und wegen anderer an die Stelle der Erfüllung tretender Ersatzleistungen", dies gilt auch dann, wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt.

Ebenso ist der Versicherungsschutz gem. § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB ausgeschlossen für "Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben".

In der "Privathaftpflichtversicherung Spezial für Familien", die die Klägerin abgeschlossen hatte, war nach Abschnitt C1 Ziff. I BBR "die gesetzliche Haftpflicht (...) aus den Gefahren des täglichen Lebens" versichert. Mitversichert war nach Abschnitt C1 Ziff. IV 4.1 BBR "die gesetzliche Haftpflicht wegen Vermögensschäden i.S.d. § 1 Ziff. 3 AHB", wobei gem. Abschnitt C1 Ziff. IV 4.2d BBR für "Haftpflichtansprüche (...) aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Geld-, Kredit-, Versicherungs-, Grundstücks-, Leasing- oder ähnlichen wirtschaftlichen Geschäften, aus Zahlungsvorgängen aller Art, aus Kassenführung sowie aus Untreue und Unterschlagung" kein Versicherungsschutz bestand, nach Abschnitt C1 Ziff. IV 4.2i ebenso wenig für Haftpflichtansprüche aus "bewusster Pflichtverletzung".

Zur abgeschlossenen Forderungsausfallversicherung bestimmt Abschnitt D1 Ziff. I Abs. 1 BBR die Gewährung von Versicherungsschutz "für den Fall, dass ein von ihm (dem Versicherungsnehmer) wegen eines Haftpflichtschadens (...) auf Schadensersatz in Anspruch genommener Dritter seiner Zahlungspflicht ganz oder teilweise nicht nachkommen kann, weil die Durchsetzung der Forderung gegen ihn gescheitert ist. Der Umfang der ve...

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