Leitsatz (amtlich)

Auch wenn der Versicherer auf einen behaupteten Einbruchsdiebstahl oder Raub lediglich eine "Vorauszahlung" auf die Schadenssumme leistet, trägt er in einem Rückforderungsprozess die Beweislast.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 3357/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 07.05.2019 - 3 O 3357/18 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von der Aufnahme des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

A Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB auf Rückzahlung von 10.000,00 EUR auf den streitigen Versicherungsfall vom 18.08.2017 geleisteter Vorauszahlung zu. Der Klägerin ist der Beweis dafür, dass sie ohne rechtlichen Grund geleistet und nur ein vorgetäuschter Versicherungsfall vorgelegen hat, nicht gelungen.

1. Als Rückfordernde trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie ohne rechtlichen Grund geleistet hat nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 13.06.2001 - IV ZR 237/00 - juris; vgl. OLG Hamm Urteil vom 11.12.2009 - 20 U 67/09 - juris). Dies gilt auch für den Versicherer, der deshalb darlegen und beweisen muss, dass er in Wahrheit nicht zur Leistung verpflichtet gewesen ist (BGH, a.a.O.). Dabei kommen Beweiserleichterungen, die dem eine Diebstahlsentschädigung beanspruchenden Versicherungsnehmer zugebilligt werden, dem Versicherer im Rückforderungsprozess grundsätzlich nicht zugute (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1993 - IV ZR 179/92). Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerindie Zahlung als "Vorauszahlung" bezeichnet hat. Selbst wenn unter diesem Begriff ein Vorbehalt zu verstehen wäre, so ist dieser dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin dem Verständnis ihrer Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen will, sie sich also die Möglichkeit offenhalten will, das Geleistete gemäß § 812 BGB zurückzufordern (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 23.09.1992 - 20 U 89/92 - juris; vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, in Kommentar zum VVG, 29. Aufl., vor § 74 Rdnr. 137 f.). Ein so verstandener Vorbehalt hindert nicht die Erfüllungswirkung der Leistung nach § 362 BGB und verändert nicht die Beweislastverteilung im Rückforderungsprozess, in dem der Versicherer mithin nachweisen muss, dass er ohne Rechtsgrund geleistet hat (so Armbrüster, a.a.O.). Etwas anderes kann allenfalls dann angenommen werden, wenn der Versicherer ausdrücklich zu erkennen gegeben hat, dass er sich zum Grund der an ihn gestellten Forderung noch nicht abschließend äußern möchte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.03.1995 - 4 U 61/94 - juris). Vorliegend hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 07.09.2017 (Anlage K 13) einen Vorbehalt der Prüfung ihrer Eintrittspflicht dem Grunde nach nicht erklärt. Sie hat vielmehr die Zahlung als "Vorauszahlung" bezeichnet, was einen Vorschuss auf eine bestehende Verbindlichkeit nahelegt. Hierfür spricht auch die Begründung dieses Schreibens, in dem die Klägerin ihrem Anwalt mitteilt, dass sie "die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft anfordern und im Anschluss daran die Restentschädigung ermitteln" will. Damit war aus der Sicht des beklagten Versicherungsnehmers lediglich die Frage der Höhe der Entschädigungsleistung offen und zu klären.

2. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass es schon nach der Schilderung des Beklagten an einem Einbruchdiebstahl oder Raub im Sinne von § 3 Abs. 1 EHV 2007 fehle. Ein Raub liegt vor, wenn ein Täter mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, § 249 StGB. Die Darstellung des Geschehensablaufs durch den Beklagten erfüllt diesen Tatbestand: Bei der Polizei ging am 18.08.2017 gegen 19.00 Uhr ein Notruf des Beklagten - der zu 100 % schwerbehindert ist und unter einer schweren Form der Bluterkrankheit sowie Gelenkarthrosen leidet - ein, bei dem er einen Überfall vor ca. 1 1/2 Stunden in seiner Wohnung meldete. In seiner Zeugenvernehmung vor der Polizei noch am Tattag schilderte der Beklagte, dass er sich gegen 17.00 Uhr ein Eis in der Softeis-Bar geholt habe. Er sei in seine Wohnung gegangen, und als er die Wohnungstür habe schließen wollen, habe etwas gegen das Türblatt geschlagen und er sei rückwärts auf den Boden gefallen. Eine männliche Person habe ihm sofort etwas ins Gesicht gesprüht, was stark gebrannt habe. Er sei aufgestanden und sofort in die Küche gegangen, um mit kaltem Wasser seine Augen und das Gesicht zu spülen. Es s...

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