rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Veräußert ein Landkreis im ehemaligen Volkseigentum der DDR in Rechtsträgerschaft des Rates des Kreises stehende Apotheken (Pharmazeutische Zentren), verfügt er als Nichtberechtigter und hat den Erlös an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als Rechtsnachfolgerin der gem. § 28 a ApothekenG brechtigten Treuhandanstalt nach §§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB (§ 356 Abs. 1 ZGB) herauszugeben.

2. Handelt die öffentliche Hand zivilrechtlich, kann sie sich auf Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen; die zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch entwickelte Rechtsprechung ist auf den zivilrechtlichen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht übertragbar.

3. Die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden, weder unbestrittenen noch rechtskräftig zuerkannten Forderung ist auch unter Geltung des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG n.F. unzulässig. Ist die Klageforderung entscheidungsreif, ist insoweit ein Vorbehaltsurteil nach § 302 Abs. 1 ZPO zu erlassen und der Rechtsstreit im Übrigen bis zur Entscheidung über die Gegenforderung gem. § 148 ZPO auszusetzen.

 

Normenkette

ApothekenG § 28a; BGB §§ 816, 818; ZGB DDR § 356; GVG § 17 Abs. 2 S. 1; ZPO §§ 148, 302 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 22.10.1999; Aktenzeichen 6 O 10050/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 22.10.1999 – Az. 6 O 10050/97 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt

abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 676.896,91 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 05.12.1997 unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnungen mit den Gegenforderungen aus öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen in Höhe von 248.058,87 DM und in Höhe von 83.652,00 DM zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 810.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Das Urteil beschwert den Beklagten mit mehr als 60.000,00 DM, die Klägerin mit weniger als 60.000,– DM.

5. Die Revision zugunsten der Klägerin wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 677.896,91 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Herausgabe der Erlöse, die dessen Rechtsvorgänger, der Landkreis G, durch Veräußerungen von Grundstücken sowie Arbeitsmitteln und Warenbeständen von dem Pharmazeutischen Zentrum G /W angehörenden Apotheken vereinnahmt hat.

Die Sonnen-Apotheke G, die Adler-Apotheke G, die E -Apotheke C und die Apotheke T gehörten zum Pharmazeutischen Zentrum G /W, das im Kreisgebiet des durch die kommunale Verfassungsreform vom 17.05.1990 gegeündeten Landkreises G lag. Der Kreistag G fasste am 27.06.1990 den Beschluss, dieses Pharmazeutische Zentrum ab dem 15.07.1990 aufzulösen. Der Beschluss, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, sah u.a. Folgendes vor:

„Vorbehaltlich wird bis zur Bestätigung der zur Zeit in Arbeit befindlichen Verordnung über das Apothekenwesen folgendes festgelegt:

  1. Unter marktwirtschaftlichen Grundsätzen wird das Pharmazeutische Zentrum G /W, Bereich G, ab 15.07.1990 aufgelöst (…)
  2. Die Apotheken sind schrittweise bis spätestens 31.12.1990 in privates Eigentum zu überführen.”

Die beschlossene Privatisierung des Pharmazeutischen Zentrums G /W vollzog der Landkreis G, indem er im Zeitraum vom 31.05.1990 bis zum 23.08.1990 die Grund- und Arbeitsmittel der zuvor genannten Apotheken sowie deren Warenbestände und teilweise auch die Grundstücke an Dritte veräußerte. Im Einzelnen wurden die Apotheken wie folgt veräußert:

1. Sonnen-Apotheke G

Mit Kaufvertrag vom 18.06.1990 veräußerte der Landkreis G die Grund- und Arbeitsmittel an den Apotheker Jörg B zu einem Kaufpreis von 34.497,00 M, wobei versehentlich noch der bereits untergegangene Rat des Kreises G als Verkäufer aufgeführt worden war. Der Kaufpreis wurde am 21.06.1990 durch den Käufer an den Landkreis G gezahlt. Mit Vertrag vom 10.08.1990 erfolgte die Veräußerung des entsprechenden Warenlagers zu einem Kaufpreis von 119.903,68 DM, der in zwei Raten am 03.09. und 17.09.1990 gezahlt wurde.

2. Adler-Apotheke G

Mittels notariellen Kaufvertrags vom 27.06.1990 veräußerte der Landkreis G das zur Adler-Apotheke gehörende Grundstück an den Apotheker Dr. Winkler zu einem Kaufpreis von 226.100,00 M. Dieser wurde am 19.06.1990 an den Landkreis G bezahlt. Ende Mai 1990 verkaufte der Landkreis an den Apotheker die Arbeitsmittel der Adler-Apotheke für 27.256,00 M, die bereits am 29.05.1990 bezahlt wurden. Das Warenlager wurde zu einem Kaufpreis von 170.671,46 DM mit Kaufvertrag vom 23.08.1990 an Dr. Winkler veräußert. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte in zwei Raten am 03.09. und 11.09.1990 an den Landkreis G.

3. E -Apotheke C

Unter dem 19.06.1990 veräußerte der Landkrei...

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