Verfahrensgang

LG Chemnitz (Urteil vom 23.07.2015; Aktenzeichen 1 O 1968/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Chemnitz vom 23.07.2015 - 1 O 1968/14 - im Kostenpunkt aufgehoben, im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.498,31 EUR zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 14 % und die Beklagte 86 %. Die Kosten des Berufungsrechtszugs fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt 15.029,76 EUR.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Ihr ist nicht nur der vom LG zuerkannte Betrag von 468,55 EUR, sondern die gesamte zuletzt verfolgte Forderung in Höhe von 15.498,31 EUR zuzusprechen.

Der Anspruch beruht auf der analogen Anwendung der §§ 681 Satz 2, 668 BGB. Hiernach ist die Beklagte verpflichtet, den der Klägerin gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG zustehenden Erlösherausgabeanspruch in Höhe von 34.564,92 EUR, den sie am 13.09.2011 erfüllt hat, für die Zeit vom 29.06.2000 bis zum 13.09.2011 mit 4 % (§ 246 BGB) zu verzinsen.

Zwischen der Klägerin als Restitutionsberechtigter und der Beklagten als Verfügungsberechtigter bestand eine gesetzliche Sonderverbindung, die Züge eines dem Auftragsverhältnis nahe kommenden Treuhandverhältnisses trug (ständige Rspr. des BGH, vgl. nur Urt. v. 22.02.2008 - V ZR 30/07; Urt. v. 06.07.2007 - V ZR 244/06, zit. nach juris). Als Folge dieser Sonderbeziehung hatte die Beklagte den der Klägerin herauszugebenden Verkaufserlös bis zur Klärung der Berechtigung der Klägerin zu separieren. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, muss sie den Verkaufserlös entsprechend § 668 BGB verzinsen.

1. Der Senat schließt sich hierbei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Dieser hat die Separierungs- und die daraus folgende Verzinsungspflicht des Verfügungsberechtigten in seinem Beschluss vom 26.09.2013 - V ZR 295/12 - zwar hinsichtlich eines Erlösherausgabeanspruchs nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG festgestellt. Für den hier gegenständlichen, auf § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG beruhenden Herausgabeanspruch kann indes nichts anderes gelten. Das treuhandähnliche Verhältnis kommt mit der Anmeldung des Rückübertragungsanspruchs durch den (später als solchen festgestellten) Berechtigten zustande (BGH, Urt. v. 06.07.2007 - V ZR 244/06, zit. nach juris). Ob die Anmeldung in der Folge zu einem Anspruch nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG oder § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG führt, die beide an die Stelle des Anspruchs auf Naturalrestitution treten, ist unerheblich.

2. Zu welchem genauen Zeitpunkt das treuhandähnliche Verhältnis zwischen den Streitparteien begann, kann dahinstehen. Auf Grund des Beschlusses des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 11.07.2011 (Anlage K 1), mit dem die Berechtigung der Klägerin festgestellt wurde, steht fest, dass die Klägerin ihren Rückübertragungsanspruch ordnungsgemäß angemeldet hatte. Da die Anmeldefrist am 31.12.1992 abgelaufen war (§ 30a Abs. 1 Satz 1 VermG), war das treuhandähnliche Verhältnis spätestens zu diesem Zeitpunkt entstanden. Im Übrigen ist es schon nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils unstreitig, dass die Klägerin Ansprüche nach dem Vermögensgesetz in den Jahren 1991/1992 anmeldete.

3. Weder die Begründung der gesetzlichen Sonderverbindung noch die sich aus § 668 BGB analog ergebende Rechtsfolge hängen von der zusätzlichen Erfüllung subjektiver Tatbestandsmerkmale ab. Die Beklagte war zur Separierung des von ihr vereinnahmten Verkaufserlöses verpflichtet, unabhängig davon, wann sie vom Restitutionsantrag gerade der Klägerin Kenntnis erlangte oder Kenntnis hätte erlangen müssen. Nach dem von ihr selbst erlassenen Investitionsvorrangbescheid vom 19.03.1998 (Anlage B 1) war ihr jedenfalls bekannt, dass sie zur Auskehr des Erlöses aus dem sich anschließenden Verkauf des davon erfassten Grundstückes an einen oder mehrere Berechtigte verpflichtet sein könnte (§ 1 InVorG). Mehr musste sie nicht wissen, um der Separierungspflicht nachkommen zu können. Sie musste den Erlös nicht für eine ihr bekannte und bereits feststehende Person verwahren. Die Pflicht zur Separierung bezog sich gerade auf die Zeit bis zur Klärung der Berechtigung (BGH, Beschl. v. 26.09.2013 - V ZR 295/12, zit. nach juris).

4. Dieser Pflicht ist die Beklagte nach dem nicht hinreichend bestrittenen Vortrag der Klägerin nicht nachgekommen. Das hat das LG zutreffend festgestellt. Mit ihrer Behauptung, den Eingang der Kaufpreiszahlung auf ihren Konten mangels dazu archivierter Belege nicht mehr feststellen zu können, räumt die Beklagte nicht zuletzt selbst ein, die auf ein eigenes Konto geflossenen Gelder nicht separat verwahrt zu haben.

5. Anhand der im Grundstückskaufvertrag vom 26.03.1998 (Anlage K 3) unter § 15 zur Eigentumsumschreibung getroffenen Regelungen hat die Klägerin dargelegt, dass der Kaufpreis durch den Käufer spätestens am 29.06.2000, de...

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