Leitsatz (amtlich)

Die am Ende eines Anhörungstermins in einem Verfahren wegen elterlicher Sorge durch amtsgerichtlichen Beschluss vorgenommene Erstreckung der Verfahrensbeistandschaft auf den "Verfahrensgegenstand Umgang" führt nicht zu einem (weiteren) Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistands für den Tätigkeitsbereich Umgang, wenn im Laufe des Verfahrens weder Anträge zum Umgangsrecht gestellt wurden noch das Gericht ein Verfahren mit dem Gegenstand Umgangsrecht von Amts wegen eingeleitet hat.

Die Frage, ob eine "rückwirkende" Bestellung des Verfahrensbeistands für einen rechtshängig gewordenen Verfahrensgegenstand zulässig ist und gegebenenfalls Vergütungsansprüche auslösen kann, konnte offen bleiben.

 

Verfahrensgang

AG Chemnitz (Beschluss vom 27.11.2015; Aktenzeichen 5 F 445/15)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verfahrensbeistands gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Chemnitz vom 27.11.2015 wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Verfahrenswert beträgt 550,00 EUR.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer war mit Beschluss des Familiengerichts vom 16.04.2015 als Verfahrensbeistand für ein Sorgerechtsverfahren nach § 1671 Abs. 1 BGB mit erweitertem Aufgabenkreis nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt. In dem Beschluss ist festgestellt, dass die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig ausgeübt wird.

Nach einem persönlichen Gespräch mit der Antragstellerin am 21.04.2015 und einem Telefonat mit dem Antragsgegner am 23.04.2015 legte der Verfahrensbeistand in seinem Bericht vom 24.04.2015 seine Einschätzung nieder. Er sprach sich gegen eine Sorgerechtsentscheidung aus und regte an, stattdessen im Rahmen der Verhandlung eine tragfähige Umgangsregelung zu erarbeiten, damit der Kontakt des Kindes zum Vater wieder hergestellt werde. Er unterbreitete den Vorschlag, einen 14-tägigen Umgang für einen Tag am Wochenende zu regeln und perspektivisch auch Übernachtungen und eine Urlaubsgestaltung vorzusehen. Gleichzeitig bat der Verfahrensbeistand darum, seine Bestellung auch auf den Bereich Umgangsrecht auszuweiten.

Mit Schriftsatz vom 30.04.2015 beantragt der Antragsgegner die Abweisung des Sorgerechtsantrags der Antragstellerin. Er schilderte u.a. die Umgangsgestaltung nach der Trennung der Eltern und erklärte, dass es ihm wichtig sei, dass Umgangskontakte mit seiner Tochter wieder stattfinden. Bereits gegenüber dem Verfahrensbeistand habe er zum Ausdruck gebracht, dass im hiesigen Verfahren eine Umgangsregelung gefunden werden solle.

Im Anhörungstermin am 04.05.2015 wurde u.a. das Thema Umgang erörtert und in Ziffer 4 der Elternvereinbarung eine Umgangsregelung getroffen. Im Anschluss hat das Familiengericht die Verfahrensbeistandschaft auf den Verfahrensgegenstand "Umgang" ausgedehnt, die Elternvereinbarung genehmigt und den Verfahrenswert auf 6.000,00 EUR (Umgang 3.000,00 EUR und elterliche Sorge 3.000,00 EUR) festgesetzt.

Dem Antrag des Verfahrensbeistands, seine Vergütung auf insgesamt 1.100,00 EUR (Fallpauschale jeweils für Sorgerecht und Umgangsrecht) festzusetzen, hat das Familiengericht nur in Höhe von 550,00 EUR entsprochen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen und die Beschwerde gem. § 61 Abs. 2 und 3 FamFG zugelassen. Zur Begründung führt das Familiengericht aus, ein Umgangsverfahren sei nicht anhängig gewesen. Die Beteiligten hätten keinen Antrag zum Umgang gestellt und der Umgang sei auch nicht durch förmlichen Gerichtsbeschluss in das Verfahren einbezogen worden. Zudem enthalte die Ausdehnung der Beistandschaft (nach erfolgter Elternvereinbarung) keine Feststellung zur Berufsmäßigkeit.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbeistands. Er sei im Verlauf des Verfahrens für den Bereich Umgang tätig geworden und beanspruche deshalb auch dafür die erweiterte Pauschale. Mit Beschluss vom 04.05.2015 sei keine Neubestellung ohne Feststellung der Berufsmäßigkeit, sondern eine Erweiterung der bestehenden Beistandschaft auf den Bereich Umgang erfolgt.

II.1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gem. §§ 158 Abs. 7 Satz 6, 168 Abs. 1, 58 ff. FamFG zulässig. Zwar ist der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von 600,00 EUR nicht erreicht. Das Familiengericht hat jedoch die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich zugelassen, § 61 Abs. 2 und 3 FamFG.

2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Dem Verfahrensbeistand steht eine weitere Vergütungspauschale von 550,00 EUR schon deshalb nicht zu, weil das Umgangsrecht zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, so dass eine den Vergütungsanspruch auslösende Bestellung des Verfahrensbeistands gem. § 158 FamFG nicht möglich war. Auf die Frage, ob der im Anschluss an die Vereinbarung der Eltern im Termin und deren gerichtliche Billigung erlassene Beschluss über die Erweiterung der Bestellung des Verfahrensbeistands auch deshalb keinen Vergütungsanspruch hätte begründen können, weil er nachfolgend keine Tätigkeit mehr en...

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