Leitsatz (amtlich)

1. Erledigt sich ein Verfahren nach §§ 1, 2 Gewaltschutzgesetz, ist über die Kosten nicht nach § 91a ZPO, sondern nach § 13a Abs. 1 FGG und § 100a Abs. 3 KostO zu entscheiden.

2. Gerichtsgebühren fallen nicht an, wenn nur eine einstweilige Anordnung erlassen wurde und keine abschließende Sachentscheidung ergeht.

3.1. Für das Hauptsacheverfahren nach dem Gewaltschutzgesetz beträgt der Gegenstandswert (wie der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren) regelmäßig 3.000 Euro (§§ 8 Abs. 1 S. 1 BRAGO, 100a Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO).

3.2. Für das Verfahren der einstweiligen Anordnung beläuft sich der Gegenstandswert, soweit es um Maßnahmen nach § 1 Gewaltschutzgesetz geht, auf 500 Euro, soweit die Überlassung der Ehewohnung begehrt wird, auf das Dreifache des monatlichen Mietwertes (ohne Nebenkosten).

 

Verfahrensgang

AG Freiberg (Beschluss vom 21.02.2003; Aktenzeichen 1 F 48/03)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – Freiberg vom 21.2.2003 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die in dem Verfahren vor dem FamG entstandenen Kosten zu erstatten hat.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 301 Euro bis 600 Euro.

4. Der Wertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichtes – FamG – Freiberg vom 13.1.2003 wird, soweit er das Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz betrifft, abgeändert dahingehend, dass der Wert für das Hauptsacheverfahren auf 3.000 Euro und der Wert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 1.373 Euro festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Die Parteien sind seit Januar 1990 verheiratet. In ihrer Gemeinschaft lebten die beiden Kinder der Antragstellerin, die 1983 geborene Daniela und der 1987 geborene Peter. Nach vorhergehenden Auseinandersetzungen hielt sich die Antragstellerin mit den beiden Kindern seit 11.11.2002 im Frauenschutzhaus auf. Gestützt auf die §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes beantragte sie mit Schriftsatz vom 22.11.2002 Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, mit dem sie erreichen wollte, dass der Antragsgegner ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zu überlassen hat, dass ihm verboten wird, die Wohnung zu betreten und sich der Antragstellerin und der Wohnung weiter als bis auf 500 m zu nähern. Gleichzeitig beantragte sie den Erlass einer entspr. einstweiligen Anordnung. Diesem Antrag entsprach das FamG mit Beschluss vom 5.12.2002. Gleichzeitig beraumte es Termin zur Verhandlung für den 13.2.2003 an. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung der Anträge der Antragstellerin.

Nachdem der Antragsgegner Mitte Dezember 2002 aus der Ehewohnung ausgezogen war, erklärte die Antragstellerin die Hauptsache für erledigt. Dieser Erklärung schloss sich der Antragsgegner in der Verhandlung vom 13.2.2003 an.

Mit Beschluss vom 21.2.2003 entschied das FamG, dass beide Parteien die Kosten des Rechtsstreites jeweils zur Hälfte zu tragen haben. Es stützte seine Entscheidung auf § 91a ZPO und führte dazu aus: Da der Antragsgegner die Behauptungen der Antragstellerin über tätliche Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen bestritten habe, wäre die Hauptsachentscheidung von der Durchführung einer Beweisaufnahme abhängig gewesen, weshalb nicht festgestellt werden könne, wer in dem Rechtsstreit obsiegt hätte.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie erreichen will, dass der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Antragsgegner beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Den Streitwert hatte das FamG mit Beschluss vom 13.1.2003 für die Hauptsache auf 6.361,68 Euro und für die einstweilige Anordnung auf 1.590,42 Euro festgesetzt.

II.1.1. Bei dem Hauptsacheverfahren handelt es sich um eine Familiensache i.S. des § 621 Abs. 1 Nr. 13 ZPO, für die nach § 621a Abs. 1 ZPO grundsätzlich die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten. Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich daher nach § 20a Abs. 2 FGG. Danach ist die Beschwerde statthaft, da eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist innerhalb der Frist des § 22 Abs. 1 FGG eingelegt worden. Auch i.Ü. bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken.

1.2. Zur Entscheidung ist der Senat in voller Besetzung zuständig, da die Regelungen des § 568 ZPO in den isolierten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht gelten.

2. Erledigt sich – wie hier – ein derartiges Verfahren, so führt das zum Ende des Verfahrens in der Hauptsache, ohne dass eine Entscheidung über den Verfahrensgegenstand erfolgt. Über die Kosten ist, soweit es um die Auslagen der Parteien geht, nach § 13a Abs. 1 und, soweit es um gerichtliche Gebühren geht, nach der Sondervorschrift des § 100a Abs. 3 KostO zu entscheiden.

3.1. Allerdings bedarf es im vorliegenden Fall wegen der Geric...

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