Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch des Trägers der Unfallversicherung wegen der Mehrkosten einer aufgrund behandlungsfehlerhafter durchgangsärztlicher Tätigkeit notwendigen medizinischen Behandlung ist vor den Sozialgerichten geltend zu machen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2973/18)

 

Tenor

I. Es wird darauf hingewiesen, dass für den Feststellungsanspruch der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Für den Anspruch auf Zahlung der Mehrkosten der Behandlung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.

Der Senat beabsichtigt, das Verfahren zu trennen.

II. Die Parteien haben Gelegenheit, hierzu binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine gesetzliche Unfallversicherungsträgerin, der Beklagte zu 2) ein für sie tätiger Durchgangsarzt und der Beklagte zu 1) ist der Vertreter des Beklagten zu 2). Die Klägerin verlangt die Erstattung ihr entstandener Mehrkosten der Behandlung und im Wege des Innenregresses Schadensersatz.

Zwischen den Parteien gilt der Vertrag der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung e. V. und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung sowie die Abrechnung der ärztlichen Leistungen gemäß § 34 Abs. 3 SGB VII zum 01.01.2014 (Anlage K1). Der bei der Klägerin versicherte P...... J...... (im Folgenden: Versicherter) erlitt am 18.05.2015 während seiner Tätigkeit als ... einen Arbeitsunfall, bei dem er sich mit einer Kreissäge in die linke Hand schnitt. Er stellte sich beim Beklagten zu 1) in der ...klinik vor. Der Beklagte zu 1) ließ eine Röntgenaufnahme der linken Hand anfertigen, diagnostizierte eine Kreissägenverletzung, versorgte die Wunde mit einer Naht und ordnete die besondere ambulante Heilbehandlung an. Der Versicherte stellte sich in den folgenden Tagen mehrfach in der Durchgangsarztsprechstunde vor. Am 25.05.2015 zeigten sich deutliche Zeichen einer Infektion und es wurde ein Antibiotikum verordnet. Am 28.05.2015 wurde er im Klinikum AAA stationär aufgenommen und ein Debridement der Weichteile, der Strecksehne und des Gelenkes durchgeführt. Zudem wurde eine Gentamycin-Kette eingelegt. Während eines weiteren stationären Aufenthaltes im Juli 2015 wurde eine definitive Arthrodese des DIP D 2 links durchgeführt. Der Versicherte war bis einschließlich 27.09.2015 arbeitsunfähig. Er machte mit Schreiben vom 15.03.2017 gegenüber der Klägerin Ansprüche (Schmerzensgeld und Verdienstausfall in Höhe von vorläufig 8.000,00 EUR) wegen behaupteter fehlerhafter Behandlung geltend.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) habe die knöcherne Verletzung bei der Eingangsuntersuchung übersehen und es behandlungsfehlerhaft unterlassen, den Versicherten frühzeitig mit Antibiotika zu behandeln und ein chirurgisches Debridement durchzuführen. Die Überweisung an die Handchirurgie sei am 28.05.2015 zu spät erfolgt, weil Anzeichen der Infektion bereits am 25.05.2015 vorgelegen hätten. Diese groben Behandlungsfehler hätten zu einer Verzögerung und Erweiterung der Behandlung geführt. Ihr seien aufgrund der Fehlbehandlung Mehrkosten für die Infektionsbehandlung in Form von Verletztengeld- und Sozialversicherungsbeitragszahlungen während der Arbeitsunfähigkeit über einen Zeitraum von zehn Wochen in Höhe von 7.808,35 EUR entstanden. Darüber hinaus sei sie verpflichtet, die berechtigten Forderungen des Versicherten zu erfüllen. Insoweit stehe man in Vergleichsverhandlungen mit dessen Anwältin. Sie habe daher Anspruch auf Feststellung der Erstattungspflicht für weitere Aufwendungen, die nach dem ärztlichen Behandlungsfehler bei der Erstuntersuchung angefallen seien. Der Beklagte zu 1) habe die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Durchführung des Vertrages durch die medizinische Fehlbehandlung verletzt und damit schlecht erfüllt. Dieses Fehlverhalten müsse sich der Beklagte zu 2) zurechnen lassen. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei gegeben, denn die Klägerin könne den Anspruch auf den zwischen den Parteien bestehenden Vertrag stützen. Des Weiteren beruhe der Rückgriffsanspruch nach Inanspruchnahme der Klägerin durch den Versicherten auf § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Für diesen Anspruch sei der ordentliche Rechtsweg ebenfalls gegeben.

Die Beklagte bestreitet die Behandlungsfehler und deren Kausalität für einen Schaden. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag stütze, sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

Das Landgericht Leipzig hat mit Beschluss vom 16.05.2019 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Leipzig verwiesen. Gegen den der Klägerin am 28.05.2019 zugestellten Beschluss hat diese mit am 03.06.2019 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meint, das Landgericht habe nicht beachtet, dass die Beklagten gemäß Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB schadensersatzpflichtig seien und für den Regress der ordentliche Rechtsweg nach Art. 34 Satz 3 GG eröffnet sei. Die Klägerin sei zwar als gesetzl...

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