Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Familiengerichts für Anwaltskosten zwecks Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Anwaltskosten zwecks Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs fallen, wenn sie als Verzugsschaden eingefordert werden, kraft Sachzusammenhangs in die Zuständigkeit des FamG.

 

Normenkette

GVG § 23b Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Eilenburg (Aktenzeichen 5 C 1497/05)

AG Eilenburg (Aktenzeichen 2 F 0834/05)

 

Tenor

I. Zuständig ist das AG - FamG - Eilenburg.

II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Erstattung sonstiger Kosten richtet sich nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

 

Gründe

I. Nach außergerichtlicher Einigung in der Unterhaltssache stellte der den Kläger vertretende Rechtsanwalt M.Z. diesem mit Kostennote vom 4.5.2005 1.081,82 EUR in Rechnung. Der Kläger verlangt diesen Betrag vom Beklagten, seinem Vater, als Verzugsschaden, hilfsweise als unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf. Mit Beschluss vom 5.12.2005 verwies das zunächst angerufene FamG Leipzig den Rechtsstreit "an das örtlich und sachlich zuständige" FamG Eilenburg. Der dortige Familienrichter hält die Zuständigkeit der allgemeinen Prozessabteilung für gegeben, der Streitrichter meint, der Rechtsstreit sei Familiensache. Mit Beschluss vom 28.3.2006 wurde die Sache dem OLG zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts vorlegt.

II. Das OLG ist in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung berufen (OLG Rostock v. 10.9.2003 - 10 WF 142/03, FamRZ 2004, 956). Zwar fehlt es an der in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgesehenen "rechtskräftigen Unzuständigkeitserklärung". Im Interesse der Prozessökonomie ist jedoch eine Zuständigkeitsbestimmung schon bei beidseitiger tatsächlicher Kompetenzleugnung zulässig (OLG Rostock v. 10.9.2003 - 10 WF 142/03, FamRZ 2004, 956; OLG Dresden, Beschl. v. 14.12.2000 - 10 ARf 31/00, OLGReport Dresden 2001, 108 = OLG-NL 2001, 71).

III. Zuständig ist die Familienabteilung des AG Eilenburg. Zwar trifft es zu, dass der Verweisungbeschluss des AG Leipzig nur das AG Eilenburg als solches bindet (§ 281 Abs. 2 S. 2 ZPO), nicht jedoch hinsichtlich der Beurteilung des Rechtsstreits als Famliensache (BGH v. 5.3.1980 - IV ARZ 2/80, MDR 1980, 564 = NJW 1980, 1282; NJW-RR 1989, 195; BayObLG v. 14.11.1991 - AR 1 Z 84/91, NJW-RR 1993, 10), so dass eine Verweisung oder Abgabe an die allgemeine Prozessabteilung dieses Gerichts grundsätzlich zulässig ist. Es ist ferner zutreffend, dass die Gebührenklage eines Rechtsanwalts, auch wenn ihr eine familienrechtliche Beratung zugrunde liegt, vom Streitgericht zu entscheiden ist (BGH FamRZ 1986, 348).

Eine solche Gebührenklage ist jedoch nicht streitgegenständlich. Vielmehr macht der Kläger die seinem Anwalt geschuldeten Kosten als Schadensersatz wegen behaupteten Verzugs, hilfsweise als Sonderbedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB) geltend. Ob letzteres in der Sache zutrifft ist unerheblich, denn maßgeblich für die Zuständigkeit ist der Vortrag des Klägers zur Begründung seiner Forderung (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 23b GVG Rz. 1; Senat, st. Rspr., zuletzt: OLG Dresden, Beschl. v. 16.2.2006 - 21 ARf 2/06). Darüber hinaus umfasst § 23b Abs. 1 Nr. 5 GVG nicht nur den eigentlichen Unterhalt, sondern auch solche Ansprüche, die ihre Wurzel im unterhaltsrechtlichen Verhältnis haben (vgl. BGH FamRZ 1994, 624, für die Befreiung von Krankenkosten und Ersatz von Krankenhaustagegeldern; ebenso: OLG Düsseldorf v. 25.11.1993 - 5 W 62/93, OLGReport Düsseldorf 1994, 42 = MDR 1994, 278), deren Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich des FamG mithin kraft Sachzusammenhangs geboten erscheint. Dies trifft auch für einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzugs in der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht zu: Diese Beurteilung erfordert besondere familienrechtliche Kenntnisse. Falls Verzug gegeben ist, erstreckt sich die Ersatzpflicht (§ 286 i.V.m. § 280 Abs. 2 BGB) auch auf die Kosten, die durch Mandatierung eines Rechtsanwalts zwecks Durchsetzung der Unterhaltsrente entstehen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 286 Rz. 47).

Mithin ist die Familienabteilung des AG Eilenburg zur Entscheidung berufen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1510540

NJW 2006, 2128

FamRZ 2006, 1128

MDR 2007, 95

NJW-Spezial 2006, 444

OLG-NL 2006, 205

OLGR-Ost 2006, 532

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