Entscheidungsstichwort (Thema)

Härtescheidung wegen ernsthafter Bedrohung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die unzumutbare Härte i.S.d. § 1565 Abs. 1 BGB muss sich auf das Eheband, d.h. das "Weiter-Miteinander-Verheiratet-Sein" beziehen, nicht bloß auf die Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens.

2. Auch nur gegenüber Dritten geäußerte Drohungen, den Ehegatten zu töten, können eine unzumutbare Härte darstellen.

3. Maßnahmen, die vor erneuten Bedrohungen oder gar körperlichen Übergriffen schützen, auch Gewaltschutzanordnungen, besagen nichts darüber, ob es dem Ehepartner zuzumuten ist, das eheliche Band aufrechtzuerhalten.

4. Insbesondere entfällt das Merkmal der unzumutbaren Härte nicht dadurch, dass die die besondere Härte begründenden Umstände inzwischen einige Zeit zurückliegen.

 

Verfahrensgang

AG Plauen (Beschluss vom 01.09.2011; Aktenzeichen 2 F 450/11)

 

Tenor

Der Beschluss des AG - Familiengericht - Plauen vom 1.9.2011 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das AG - Familiengericht - Plauen zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind miteinander verheiratet. Die Antragstellerin begehrt die Scheidung vor dem Ablauf des Trennungsjahres.

Auf den Tatbestand des angegriffenen Beschlusses wird Bezug genommen.

Das AG hat den Scheidungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die durchgeführte Beweisaufnahme das Vorbringen der Antragstellerin nicht im vollen Umfange bestätigt habe. Zur Überzeugung des Gerichtes stehe zwar fest, dass der Antragsgegner die Antragstellerin am 22.5.2011 bedroht habe, jedoch nicht zum Schlag auf das Fahrzeug, in dem sie sich befunden habe, ausgeholt habe. Der festgestellte Sachverhalt begründe keine unzumutbare Härte. Er zeige zwar ein erhebliches Fehlverhalten des Antragsgegners, es sei aber unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Trennung in der Regel eine Ausnahmesituation darstelle, nicht von solcher Schwere, dass es unzumutbar sei, das Trennungsjahr abzuwarten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Antragsgegner im Gewaltschutzverfahren einsichtig gezeigt habe, als er in der mündlichen Verhandlung am 9.6.2011 sich vergleichsweise verpflichtet habe, die eheliche Wohnung bis zum 30.7.2011 zu räumen. Unter diesen Umständen sei eine Wiederholung der Vorkommnisse nicht zu erwarten.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie hält die Sachverhaltsfeststellungen des AG für unvollständig und die rechtliche Würdigung für unzutreffend.

Sie beantragt, wie folgt zu erkennen:

I. Der Beschluss des AG Plauen - Familiengericht - vom 1.9.2011, Gz. 2 F 450/11, wird aufgehoben.

II. Die am ... 2002 vor dem Standesbeamten des Standesamtes ..., Heiratsregister-Nr .../2002, geschlossene Ehe der Beteiligten wird geschieden.

III. Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt.

Hilfsweise beantragt die Antragstellerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Familiengericht zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Akte Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat im Wesentlichen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht.

Die Zurückweisung des Scheidungsantrages durch das AG ist zu Unrecht erfolgt. Die Scheidungsvoraussetzungen gem. § 1565 Abs. 2 BGB lagen und liegen vor. Hiernach kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Diese unzumutbare Härte liegt nach Auffassung des Senates vor. Sie muss sich auf das Eheband, d.h. das "Weiter-Miteinander-Verheiratet-Sein" beziehen, nicht bloß auf die Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens. An die unzumutbare Härte sind strenge Anforderungen zu stellen. Da es sich um eine Ausnahmesituation gegenüber der bloß gescheiterten Ehe handeln muss, kommt eine vorzeitige Scheidung bei bloßen Schwierigkeiten, Unstimmigkeiten oder ehetypischen Zerwürfnissen nicht in Betracht (Brudermüller in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 1565 Rz. 9). Ausreichend für die Annahme einer unzumutbaren Härte in diesem Zusammenhang können jedoch u.a. schwere Beleidigungen, grobe Ehrverletzungen, grobe Verstöße gegen die ehelichen Pflichten und ernsthafte Bedrohungen sein (OLG Brandenburg, Urt. v. 18.1.2001 - 9 UF 166/00, juris, Rz. 18).

Solche Bedrohungen liegen hier vor. Wie das AG - vom Antragsgegner nicht angegriffen - festgestellt hat, hat der Antragsgegner die Antragstellerin am 22.5.2011 mit den Worten bedroht "Ich bringe dich um! Du kommst nicht mehr lebend vom Hof!". Der Antragsgegner hielt dabei einen Zimmermannshammer in der Hand. Nach den Feststellungen des AG hatte er ihn zwar zwischenzeitlich nur noch hinter dem Rücken gehalten. Kurz zuvor war er jedoch mit erhobenem Zimmermannshammer aus der Garage geko...

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