Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausschlussklausel gemäß § 3 Abs. 5 ARB 2005 stellt eine wirksame Risikobegrenzung dar.

2. Der Versicherungsnehmer führt den Versicherungsfall in der Rechtschutzversicherung vorsätzlich herbei, wenn er Schadenersatzforderungen gegenüber dem Arbeitgeber mit Drohungen verbindet, die den Straftatbestand der Nötigung verwirklichen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 1049/19)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 14.08.2019 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beklagte begehrt Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung gegen eine Rückforderung von Schadenszahlungen der Klägerin aus einer zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherung.

Der Beklagte war vormals bei der D... Vertriebsgesellschaft tätig. Nachdem er seiner früheren Arbeitgeberin unter anderem am 19.09.2014 und am 14.10.2014 Emails übersandte, mit der er zur Durchsetzung angeblicher Schadenersatzansprüche bestimmte Folgen androhte, sprach die Arbeitgeberin mehrere Kündigungen aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte ArbG Leipzig 10 Ca 3841/14, insbesondere auf den Wortlaut der als Anlage B5 und B7, Bl. 58, 60 dA vorgelegten Emails, ergänzend Bezug genommen.

Für die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage leistete die Antragsgegnerin dem Antragsteller Rechtsschutz, ebenso im Widerspruchsverfahren gegen sechs Bescheide des Integrationsamtes, mit denen die Behörde den erfolgten sechs außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigungen des Arbeitgebers jeweils die Zustimmung erteilt hatte. Die Klage und die Widersprüche hatten keinen Erfolg.

Mit dem vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin die Rückzahlung der für die Rechtsverfolgung aufgewendeten Zahlungen mit der Begründung, der Beklagte den Rechtsschutzfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt und sei daher nach den dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen gem. § 3 Abs. 5 ARB (vgl. Anlage K22) zur Rückzahlung der geleisteten Beträge verpflichtet.

Das Landgericht hat den Antrag des Beklagten auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, nach dem rechtskräftigen Urteil des LAG vom 02.03.2016 sei die außerordentliche Kündigung vom 11.11.2014 des vormaligen Arbeitgebers berechtigt gewesen, da zu Lasten des Beklagten eine mit der Email vom 14.10.2014 versuchte Erpressung im Raum stehe. Damit sei eine vorsätzliche und rechtswidrige Herbeiführung des Versicherungsfalles im Sinne der vorgenannten Versicherungsbedingungen eingetreten. Den Beklagten könne auch nicht entlasten, wenn er - wie behauptet - die Email nach Medikamenteneinnahme und Alkoholgenuss geschrieben zu haben.

Mit seiner sofortigen Beschwerde macht der Beklagte geltend, er habe den Rechtsschutzfall nicht vorsätzlich herbeigeführt, da er sich beim Abfassen der Email nicht bewusst gewesen sei, eine Kündigung auszulösen und damit Schaden beim Rechtsschutzversicherer zu verursachen. Zumindest sei zum Vorsatz eine Beweisaufnahme geboten. Das Vorliegen einer Straftat sei nicht entscheidungsrelevant. Der Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO). Die Klägerin kann sich auf die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 5 i.V.m. § 2 b ARB 2005 (Stand 01/2008) berufen.

Hiernach besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Arbeitsverhältnissen, soweit der Versicherungsnehmer den Rechtsschutzfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel, die der alten Regelung in den ARB 75 entspricht, bestehen nicht. Sie entspricht inhaltlich der Vorschrift in § 81 VVG (vgl. hierzu van Bühren/Plote - Hillmer-Möbius, ARB 2012, Rn. 54, Bruck/Möller - Bruns, 9. Aufl. § 3 ARB Rn. 74). Bei dieser Klausel handelt es sich um eine Risikobegrenzung, denn sie enthält eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses, für das der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren will, nicht aber fordert der Versicherer damit ein bestimmtes, vorbeugendes Verhalten des Versicherungsnehmers des Inhalts, den Versicherungsfall nicht vorsätzlich herbeizuführen. Vielmehr geht der Wille der Klägerin erkennbar dahin, nur ausschnittsweise Deckung für Rechtsstreitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen zu gewähren, nicht aber sich die Möglichkeit offenzuhalten, einen an sich gegebenen Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens wieder entziehen zu können. Damit lag eine Risikobegrenzung vor (vgl. auch BGH VersR 1990, Seite 482; BGH VersR 1995, Seite 328; OLG Köln, Recht und Schaden 1993, Seite 119; vgl. auch Römer in Römer/Langheid "VVG", § 6 VVG Rdn. 7; Harbauer "ARB", 6. Aufl., § 4 ARB 75 Rdn. 144 m.w.N.).

Vorsätzlich verursacht ist ein Versicherungsfall, wenn der Versicher...

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