Leitsatz (amtlich)

Zur Mitteilungspflicht im Falle einer Einkommensverbesserung gemäß § 120a Abs. 2 ZPO.

 

Verfahrensgang

AG Riesa (Aktenzeichen 5 F 151/21)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Riesa - Familiengericht - vom 24.01.2023 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr mit Beschluss vom 28.05.2021 ohne die Festsetzung von Zahlungen bewilligten Verfahrenskostenhilfe für ein Umgangsverfahren, von dessen Kosten 3.276,22 EUR auf die Antragstellerin entfallen.

Grundlage der Bewilligung war die Erklärung der Antragstellerin vom 06.04.2021, wonach sie neben dem Kindergeld für ein Kind nur Elterngeld in Höhe von 377,49 EUR bezog.

Im Oktober 2022 ist die Antragstellerin aufgefordert worden zu erklären, ob sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die Antragstellerin hat innerhalb der ihr gesetzten Frist eine aktuelle Erklärung nebst Belegen zur Akte gereicht. Diesen Belegen sowie den nachgereichten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Antragstellerin im Juni 2022 Arbeitslosengeld in Höhe von 825,59 EUR bezogen und im Juli 2022 eine Stelle als Gebäudereinigerin angetreten hat. Dabei hat sie zunächst rund 995 EUR netto monatlich verdient hat. Seit der Erhöhung der Wochenarbeitszeit zum Oktober 2022 beträgt der Nettoarbeitslohn rund 1.260 EUR. Der Arbeitsweg der Antragstellerin ist 15 km lang. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten betreut sie ein Kind, für welches sie das Kindergeld erhält, und leistet Unterhalt i.H.v. insgesamt 50 EUR für zwei weitere Kinder, wobei der Unterhaltsbetrag infolge des Beginns der Tätigkeit neu berechnet wird. Ihr Wohnkostenanteil beträgt 300 EUR.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Verfahrenskostenhilfe aufgehoben. Die Antragstellerin habe wesentliche Verbesserungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt. Ein Beteiligter, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei, sei während des Gerichtsverfahrens und innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach der rechtskräftigen Entscheidung bzw. sonstigen Beendigung des Verfahrens verpflichtet (§ 120a ZPO), dem Gericht wesentliche Verbesserungen der wirtschaftlichen Lage oder eine Änderung der Anschrift unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Hinsichtlich laufender Einkünfte bestehe diese Verpflichtung dahingehend, jede nicht nur einmalige Verbesserung des Einkommens von mehr als 100 EUR (brutto) im Monat mitzuteilen. Die Antragstellerin habe die Aufnahme der Beschäftigung zum 01.07.2022 und damit den wesentlichen Einkommenszuwachs nicht unaufgefordert und unverzüglich dem Gericht mitgeteilt. Das Gericht habe erst durch die auf Anforderung eingereichten Unterlagen davon Kenntnis erlangt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde. Sie verdiene nicht mehr als vor dem Bezug des Elterngeldes. Auch die jetzigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätten dazu geführt, dass Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden wäre.

Der Bezirksrevisor hält die sofortige Beschwerde für unbegründet. Das Amtsgericht hat ihr nicht abgeholfen und die Akte dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 567 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässig eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 24.01.2023, weshalb es bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bleibt.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht die der Antragstellerin bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufgehoben.

1. Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 124 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 1 ZPO soll das Gericht die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe aufheben, wenn der Beteiligte entgegen § 120a Abs. 2 Satz 1 bis 3 ZPO dem Gericht wesentliche Verbesserungen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat. § 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmt, dass der Beteiligte - in den zeitlichen Grenzen des § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO - wesentliche Verbesserungen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich mitzuteilen hat. Bezieht er ein laufendes monatliches Einkommen, ist gemäß Satz 2 dieser Vorschrift eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt. Dies gilt gemäß Satz 3 dieser Vorschrift entsprechend, wenn abzugsfähige Belastungen entfallen.

2. Diese Voraussetzungen sind jedenfalls nicht vollumfänglich gegeben.

a) Inwiefern die Antragstellerin unrichtige Angaben über ihre Einkommensverhältnisse gemacht haben soll, ist der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Anhaltspunkte dafür sind auch sonst nicht ersichtlich.

b) Zwar hat sich das Bruttoeinkommen der Antragstellerin gegenüber dem Elterngeld nicht nur einmalig um mehr als 100 EUR erhöht und hat si...

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