Leitsatz (amtlich)

1. Ein Unterlassungsanspruch ist auch dann gegeben, wenn eine rechtswidrige Äußerung im geschlossenen Forum eines sozialen Netzwerkes erfolgt.

2. Eine nicht vertragsstrafenbewehrte Erklärung, in der sich der Verletzer einseitig verpflichtet, eine Äußerung nicht mehr zu wiederholen und seine Bereitschaft erklärt, gegen sich ein Ordnungsgeld festsetzen zu lassen, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 3 O 2446/16 EV)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Verfügungsbeklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Verfügungsbeklagte hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der auf Dienstag, 11.04.2017, 11.00 Uhr, bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

4. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren soll auf 5.000,00 EUR festgesetzt werden.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Das LG hat zu Recht eine Wiederholungsgefahr wegen der beanstandeten Äußerung angenommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Berufungsvorbringen hinsichtlich der nunmehr abgegebenen Unterlassungserklärung wie geschehen im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten vom 03.01.2017 (Anlage BB 1).

1. Von der Berufung unangefochten und damit keiner weiteren Vertiefung bedürfend ist zunächst die Feststellung des LG, bei der nunmehr noch streitgegenständlichen Äußerung vom 12.10.2016 handele es sich um eine persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerung i.S.d. § 823 BGB. Bei einer solchen Todesdrohung handelt es sich regelmäßig, und so auch hier, wenn sie bei verständiger Würdigung nicht ernst zu nehmen ist und damit keine Bedrohung i.S.v. § 241 StGB darstellt, jedenfalls um eine Beleidigung gemäß § 185 StGB (LG Mosbach, Teilurteil vom 31.01.2014, 2 O 182/13, juris Rz. 28; LG Oldenburg, Beschluss vom 21.8.2012 - 5 T 529/12 - juris); sie begründet als Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung einen Unterlassungsanspruch gemäß § 823 BGB i.V.m. § 1004 BGB.

2. Entgegen der Auffassung des Verfügungsbeklagten hat das LG auch zu Recht eine Wiederholungsgefahr bejaht. Zu den auch hierzu vollumfänglich zutreffenden Ausführungen des LG, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen (S. 7 des Urteils) zunächst verwiesen wird, ist ergänzend anzumerken, dass gerade auch das Posting vom 23.10.2016 (Anlage Ast 8) die Gefahr gleichartiger oder ähnlicher Äußerungen belegt. Denn wenn auch behauptetermaßen als "Entschuldigung" gemeint, so handelt es sich tatsächlich doch um eine wiederholende Erklärung, Erläuterung bzw. Vertiefung der geäußerten Ansicht des Verfügungsbeklagten über den Verfügungskläger. Die Einkleidung der im Grunde wiederholenden Ehrverletzung in eine Erläuterung oder gar Entschuldigung ändert hieran nichts.

Die mit der Berufung vertretene Rechtsansicht, bei Beleidigungen in sozialen Netzwerken sei die Wiederholungsgefahr grundsätzlich zu verneinen, weil es sich hierbei um eine einmalige Sondersituation handele, hält der Senat für fernliegend. Sie findet auch in der vom Verfügungsbeklagten herangezogenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes keinerlei Stütze. Für die Wiederholungsgefahr kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die Publizitätswirkung einer Äußerung auf einem internen Forum eines sozialen Netzwerkes geringer ist als die Veröffentlichung in einer Tageszeitung. Allein maßgeblich ist vielmehr, ob aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles sicher angenommen werden kann, dass es zukünftig nicht mehr zu einer kerngleichen Verletzungshandlung kommt. Es ist indes gerichtsbekannt, dass gerade die vom Verfügungsbeklagten herausgestellte Abschottung derartiger Foren nach außen zur verbalen Enthemmung der Teilnehmer und zu strafrechtlichen Beleidigungen Dritter führen kann. Der Umstand, dass sich die Nutzer frei von Beobachtung wähnen, führt schon von daher dazu, dass auch die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung nicht absinkt, sondern ansteigt. Dies räumt auch der Verfügungsbeklagte ein, der es für "nicht unwahrscheinlich" hält, dass "sich eine Person in einem Streitgespräch, zumal im Internet, kurzfristig vergisst". Eine solche Enthemmung, die sich - anders als die Berufung meint - auch nicht als "einmaliger Fehlschuss in der Hitze des Gefechts" bagatellisieren lässt, rechtfertigt es jedoch nicht, die in der analogen Welt bestehenden Persönlichkeitsrechte in sozialen Netzwerken einzuschränken. Vielmehr sind die...

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