Leitsatz (amtlich)

Wenn eine Aussetzung der Hauptverhandlung der weiteren Aufklärung des Sachverhalts sowie der besseren Vorbereitung der Verfahrensbeteiligten dient, steht sie im inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung und ist daher nicht mit einer Beschwerde anfechtbar ( § 305 StPO). Nur dann, wenn offensichtlich klar und erkennbar ist, dass mit der Aussetzung nur sachfremde Zwecke verfolgte werden, ist die Beschwerde zulässig.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Entscheidung vom 03.12.2007; Aktenzeichen 11 KLs 206 Js 53748/06)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen Ziffer 1. des Beschlusses des Landgerichts Leipzig vom 03. Dezember 2007 wird als unzulässig verworfen.

  • 2.

    Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen Ziffer 2. des vorgenannten Beschlusses wird als unbegründet verworfen.

  • 3.

    Die Kosten der Rechtsmittel sowie die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte befand sich vom 17. Juli 2006 bis 03. Dezember 2007 in dieser Sache ununterbrochen in Untersuchungshaft. Ihm werden 4 126 Fälle des Betruges im besonders schweren Fall zur Last gelegt. Seit dem 10. Mai 2007 hat vor dem Landgericht Leipzig - Wirtschaftsstrafkammer - die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten stattgefunden.

Mit Beschluss vom 03. Dezember 2007 hat die Strafkammer das Verfahren, das sich gegen den Angeklagten sowie den Mitangeklagten Kxxx richtet, gemäß § 265 Abs. 4 StPO ausgesetzt und den Haftbefehl des Amtsgerichts Leipzig vom 11. August 2006, in der Fassung des Beschlusses des Amtsgerichts Leipzig vom 21. Dezember 2006, gegen den Angeklagten sowie den Haftbefehl des Amtsgerichts Leipzig vom 16. Januar 2007 gegen den Mitangeklagten Kxxx aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine "so veränderte Sach- und Verfahrenslage vorliege, dass die Aussetzung zur genügenden Vorbereitung der Verteidigung auch in Anbetracht des Anspruches auf eine faires rechtsstaatliches Verfahren notwendig" sei. Darüber hinaus beabsichtige die Kammer ein "umfangreiches Wirtschaftsgutachten über die finanzielle Situation des Konzerns" in Auftrag zu geben. Hinsichtlich der weiteren Begründung der Aussetzungsentscheidung der Kammer wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen. Im Hinblick "auf die Aussetzungsgründe und den Umstand, dass ein Sachverständigengutachten zur finanziellen Lage des Konzerns einzuholen sein werde, dessen Erstellung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen werde, hat die Kammer darüber hinaus die Haftbefehle den Angeklagten und den Mitangeklagten aufgehoben, da der "weitere Portbestand der Haftbefehle nicht mehr verhältnismäßig" sei.

Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren Beschwerden gegen die Aussetzungsentscheidung des Landgerichts sowie die Aufhebung des Haftbefehls gegen den Angeklagten. Die Aufhebung des Haftbefehls gegen den Mitangeklagten wird nicht mehr angegriffen. Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens wird auf die Begründung der Staatsanwaltschaft vom 06. Dezember 2007 verwiesen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 03. Dezember 2007 aufzuheben sowie den Haftbefehl betreffend den Angeklagten Sxxx in Vollzug zu setzen.

Die Verteidiger des Angeklagten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die Beschwerden der Staatsanwaltschaft bleiben insgesamt ohne Erfolg.

1.

Die Beschwerde gegen die Aussetzung der Hauptverhandlung ist bereits unzulässig.

Nach § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen und nicht zu den Ausnahmen des § 305 Satz 2 StPO gehören, nicht der Beschwerde. Dabei liegt eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung nach einhelliger Meinung vor, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem Urteil steht, ausschließlich seiner Vorbereitung dient und keine weiteren Verfahrenswirkungen erzeugt. Diese Voraussetzungen sind allerdings nicht nur bei solchen Maßnahmen gegeben, die unmittelbar Grundlagen für die Entscheidung in der Sache selbst schaffen sollen; auch Anordnungen, die darauf abzielen, die Abwicklung des Verfahrens in sonstiger Weise zu fördern und es der abschließenden Sachentscheidung näher zu bringen, weisen einen inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung auf, der zum Ausschluss der Anfechtbarkeit führt (KG Berlin, Beschluss vom 05. Juni 2001 - 4 Ws 69/01 -). Bei der Frage, ob die Aussetzung der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze anfechtbar ist, ist deshalb darauf abzustellen, ob sie aus einem triftigen Grund angeordnet worden ist, der in den Verfahrensvorschriften eine Stütze findet und im engen inneren Zusammenhang mit dem zu erlassenden Urteil steht. Nur dann, wenn offensichtlich klar und erkennbar ißt, dass mit der Aussetzung nur sachfremde Zwecke verfolgte werden, ist die Beschwerde zulässig (KG Berlin a.a.O.; OLG Düsseldorf VRS 89, 211 f.; Matt in LR StPO 25. Aufl. § 305 Rdnr. 26; OLG Karlsruhe NStZ 1985, 277 f.).

Vorl...

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