Leitsatz (amtlich)

1. Die Leistungsausschlussklausel in § 2 Abs. 4 AUB ist wirksam. Sie erfasst auch Unfälle, bei denen infolge psychischer Fehlverarbeitung weitergehende Störungen auftreten. Ob psychische Vorgänge mit bestimmten biochemischen Prozessen im Körper zusammenhängen, ist für das Verständnis dieses Ausschlusstatbestandes ohne Belang.

2. Der Versicherungsnehmer muss einen unfallbedingten Primärschaden und dessen Eignung zu einer psychischen, invaliditätsbedingten Reaktion darlegen und beweisen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 03 O 2547/18)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Leistungen aus einer Unfallversicherung, der unter anderem die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 96) der Beklagten zugrunde liegen.

Der Kläger hat bei der Beklagten eine Unfallversicherung abgeschlossen. Nach dem Inhalt des Versicherungsscheins (Anlage K2) zur Police-Nr. ... vom 28.01.2000 zahlt die Beklagte im Falle einer unfallbedingten Vollinvalidität einmalig eine Versicherungssumme i.H.v. 482.700,- EUR sowie eine monatliche Unfallrente von 946,50 EUR (Nachtrag Nr. 20 gültig ab 01.01.2016). Wegen der weiteren Einzelheiten des Versicherungsschutzes wird im Übrigen auf den Inhalt des Versicherungsscheins Bezug genommen.

Der Kläger, der eine Ausbildung als Bankkaufmann absolviert hat, arbeitete zuletzt als Kundenberater in der Kreditabteilung einer Bank. Mit Unfallanzeige vom 04.04.2018 (K 3) zeigte er der Beklagten einen Unfall vom 17.10.2016 an, den er wie folgt schilderte: "Schikane" durch Arbeitgeber u. a. am 17.10.2016". Die Beklagte lehnte die Leistung mit Schreiben vom 09.04.2018 ab, da kein Unfallereignis stattgefunden habe (K4). Der Kläger übersandte der Beklagten das Fachärztliche Attest des Dr. med. H... vom 16.04.2018 (K5), auf das wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird.

Der Kläger behauptet, er sei im Rahmen eines während der Arbeitszeit in den Bankräumen geführten Gesprächs vom 17.10.2016 durch seinen Vorgesetzten massiv angeschrien worden, wodurch er akut traumatisiert worden sei. Infolgedessen leide er an rezidivierenden schweren bis mittelschweren depressiven Episoden und an einer Angststörung. Der Vorfall vom 17.10.2016 sei als Unfallereignis i.S.d. Versicherungsbedingungen einzustufen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ergänzend Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte könne sich auf den wirksam vereinbarten Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 4 AUB 96 (sog. Psychoklausel) berufen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, zu deren Begründung er zum einen Verfahrensfehler und zum anderen Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung rügt. Das Landgericht sei zu Unrecht von der Wirksamkeit der Klausel in § 2 Abs. 4 AUB ausgegangen. Zudem seien die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen Folge eines Gewaltereignisses, was auch "Mobbing und Schikane" umfasse. Dass dies zu einer dauerhaften (hirn-)organischen Erkrankung geführt haben könnte, habe der Kläger auch unter Beweis gestellt. Dies ergebe sich auch aus den vorgelegten Befunden. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang die Darlegungs- und Beweislast verkannt und ihm rechtliches Gehör verwehrt.

Er beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Leipzig vom 20.06.2019, Az 3 O 2547/18, zu verurteilen, an den Kläger

1. 482.700,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2018 zu zahlen,

2. 5.226,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. eine Unfallrente i.H.v. 946,50 EUR monatlich beginnend mit dem 01.10.2016 zu zahlen.

II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung vermögen nicht zu überzeugen.

Ein Verfahrensfehler lässt sich nicht feststellen. Die nach § 348 Abs. 1 lit. h ZPO für die Entscheidung des vorliegenden versicherungsvertragsrechtlichen Rechtsstreits zuständige Zivilkammer hat ...

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