Leitsatz (amtlich)

Dem Anwaltszwang unterliegt auch das Vollstreckungsverfahren nach den §§ 887ff. ZPO, wenn im Vorprozess ebenfalls Anwaltszwang herrschte; dies gilt auch bei der Vollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung, die ohne mündliche Verhandlung gegen den nicht anwaltlich vertretenen Antragsgegner ergangen ist.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 2 O 965/20 EV)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 8.9.2020 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300,00 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat die in Z ... ansässige "W ... Zeitung", vertreten durch den Beschwerdeführer auf Unterlassung und Widerruf in Anspruch genommen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht gegen die "W ... Zeitung" ein Ordnungsgeld, ersatzweise für je 1000,- EUR einen Tag Zwangshaft zu vollstrecken an O ... T ... als Vertreter der Antragsgegnerin festgesetzt. Gegen den ihr am 9.9.2020 zugestellten Beschluss hat diese Antragsgegnerin am 10.9.2020 sofortige Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der angefochtene Beschluss hätte nicht ergehen dürfen, weil es sich bei der "W ... Zeitung" lediglich um ein nicht rechtsfähiges "Recherchekollektiv" handele, das nicht durch O ... T ... vertreten werde; dieser fungiere bereits seit Februar 2020 nicht mehr als alleiniger Redakteur dieses "Projekts". Das Landgericht hat nach Hinweis auf den Anwaltszwang im Beschwerdeverfahren die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist §§ 793, 569 Abs. 3 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt eingelegt wurde. Nach gefestigter Rechtsprechung erfasst der Anwaltszwang gem. § 78 I ZPO auch das dem Prozessgericht übertragene Vollstreckungsverfahren nach §§ 887 ff. ZPO, wenn im Vorprozess ebenfalls Anwaltszwang herrschte. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - der Titel eine einstweilige Verfügung ist, die ohne mündliche Verhandlung ergangen ist (Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl. § 78 Rn. 22 m.w.N). Die Parteien müssen sich mithin zur Erwirkung von gerichtlichen Entscheidungen gem. §§ 887 - 890 ZPO durch einen beim Prozessgericht zugelassenen Anwalt vertreten lassen, eine Beschwerdeeinlegung zu Protokoll der Geschäftsstelle nach § 569 Abs. 3 ZPO ist nicht zulässig (Zöller/Vollkommer, aaO., § 78 Rn. 24; § 888 Rn. 4; OLG Bamberg, Beschluss vom 22. Februar 2017 - 2 WF 18/17 - juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. August 1994 - 17 W 22/94 -, Rn. 8, juris; OLG München NJW 1977, 909). Dies folgt auch daraus, dass für die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO das "Prozessgericht des ersten Rechtszuges" zuständig ist, vorliegend mithin das Landgericht. Hierauf ist der Beschwerdeführer sowohl durch die insoweit fettgedruckte Rechtsbehelfsbelehrung als auch durch gesonderten Hinweis des Landgerichts vom 11.9.2020 hingewiesen worden.

Ob es sich bei der "W ... Zeitung" um eine parteifähige Vereinigung oder zumindest einen nichtrechtsfähigen Verein im Sinne des § 50 Abs. 2 ZPO handelt, hat damit für das Beschwerdeverfahren dahinzustehen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren orientiert sich am Kosteninteresse. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 793, 574 ZPO) sind nicht gegeben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14198994

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