Leitsatz (amtlich)

1. Eine Berufungsbegründung, die sich in einem sog. Dieselfall auf die Wiedergabe obergerichtlicher Rechtsprechung beschränkt, ohne die für die Zulässigkeit neuen Vorbringen erforderliche Darlegung einen anderen Motor als in der ersten Instanz behauptet und eine Zug-um-Zug Verurteilung begehrt, obwohl das streitgegenständliche Fahrzeug weiterveräußert sein soll, genügt nicht dem vom Gesetz geforderten Begründungszwang.

2. An der für eine deliktische Handlung zurechenbaren Täuschungshandlung kann es fehlen, wenn das Fahrzeug erst mehrere Monate nach dem Bekanntwerden des "VW-Abgasskandals" erworben wurde.

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1801/21)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu verwerfen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 40.000,- EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz und die Feststellung der Einstandspflicht wegen eines nach seiner Behauptung durch ihn am 28.9.2016 erworbenen Fahrzeugs VW, T5 Multivan Starline (FIN: ...).

In dem am 20.02.2015 erstmalig zugelassenen Fahrzeug ist ein Motor der Baureihe EA189, 103 kW, Euro 5, Typ 7HC, Typgenehmigungsdatum vom 23.09.2014 mit Automatikgetriebe verbaut. Für das Fahrzeug gibt es keinen verbindlichen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung durch das KBA. Ein Softwareupdate wurde durch die Beklagte nicht angeboten.

Der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei am 16.03.2022 mit einem Kilometerstand von 118.816 km an einen nicht verfahrensbeteiligten Dritten zu einem Preis von 26.770,- EUR veräußert worden.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen, da der Kläger seine Aktivlegitimation nicht nachgewiesen habe und angesichts des klägerischen Vortrags bzw. der vorgelegten Unterlagen nicht klar sei, welcher Motor sich im Fahrzeug befinde.

Mit Schriftsätzen vom 13.6.2022 und 21.6.2022 beantragte der Kläger, den Tatbestand der Entscheidung entsprechend des unstreitigen Parteivorbringens dahingehend zu berichtigen, dass im Fahrzeug ein Motor des Typs EA189 verbaut sei. Über den Antrag hat das Landgericht noch nicht entschieden.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug, das mit einem Motor der Baureihe EA 288 ausgestattet sei, seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut. Die gesetzlichen Anforderungen der Abgasnorm Euro 6 erfülle das erworbene Fahrzeug nicht. Zur weiteren Begründung nimmt er auf eine Reihe von Gerichtsentscheidungen Bezug. Das Landgericht habe ferner unter Verstoß gegen die Hinweispflicht gem. § 139 ZPO nicht auf die bestehenden Bedenken gegen die Aktivlegitimation hingewiesen. Wäre der Hinweis erfolgt, hätte der Kläger vorgetragen, dass sich sein Name und die Anschrift infolge Eheschließung geändert hätten.

Er beantragt,

Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 30.5.2020, 4 O 1801/21 wird aufgehoben und der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.

hilfsweise für den Fall, dass eine Zurückverweisung nicht in Betracht kommt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 39.990 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw VW T5 2,0 TDI (FIN: ...) abzüglich einer durch richterliches Ermessen festzusetzenden Entschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeuges.

2. festzustellen, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs VW T5 2,0 TDI (FIN: ...) durch die Beklagtenpartei resultieren.

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2613,24 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuverweisen.

Da der Kläger auf die mangelnde Aktivlegitimation durch die Beklagte hingewiesen worden sei, sei die Entscheidung nicht verfahrensfehlershaft ergangen. Darüber hinaus habe die Beklagte das Vorbringen des Klägers zum angeblichen Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen qualifiziert bestritten und dargelegt, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit einem Motor EA 189 keine Manipulationssoftware verbaut sei, was das KBA im Rahmen amtlicher Auskünfte bestätigt habe. Der klägerische Vortrag sei überdies unschlüssig, da er sich nur zu dem nicht verbauten Motor EA 288 verhalte.

II. Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zu verwerfen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet zudem in der Sache offensichtlich auch keine A...

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