Normenkette

BGB § 1600e Abs. 2; ZPO § 372a

 

Verfahrensgang

AG Annaberg (Aktenzeichen 3 F 95/02)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG … vom 20.3.2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 2 des Beschlusses entfällt.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen nicht erstattet.

III. Beschwerdewert: 500 Euro.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 20.3.2002 ordnete das AG die Entnahme einer Blutprobe am Leichnam des am 17.3.2002 verstorbenen … an, da die Antragstellerin behauptet, von diesem im 3. Monat schwanger zu sein. Ziffer 2 des Beschlusses lautet: „Die Kosten trägt die Antragsgegnerin.” Diese – die von … seit 27.11.2001 getrennt lebende Ehefrau – legte gegen den ihr am 22.3.2002 zugestellten Beschluss mit am 4.4.2002 beim AG eingegangenen Schriftsatz Beschwerde ein.

II. 1. Das Verfahren zur Feststellung der Abstammung nach einem Verstorbenen unterliegt den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 640 Abs. 1 S. 1, 621a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 1600e Abs. 2 BGB). In diesem Verfahren ist das FamG gehalten, nach pflichtgemäßem Ermessen den für die Entscheidung erheblichen Tatsachenstoff zu beschaffen, denn auch das Verfahren gem. § 1600e Abs. 2 BGB wird vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht (vgl. OLG Naumburg v. 20.3.2000 – 14 WF 6/00, FamRZ 2001, 168). Das AG kann deshalb auch im Wege einer Zwischenverfügung (analog § 372a ZPO) die Entnahme einer Blutprobe anordnen. Diese Zwischenverfügungen unterliegen der einfachen Beschwerde gem. § 19 FGG, falls sie bereits in Rechte Beteiligter eingreifen (Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rz. 9), was hier der Fall ist, denn die Antragsgegnerin ist als Ehefrau des Verstorbenen – trotz des Getrenntlebens – Inhaberin des Rechts zur Totenfürsorge (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 61. Aufl., Einf. 9 vor § 1922 BGB). Hieraus ergibt sich auch die Beschwerdeberechtigung (§ 20 FGG).

2. a) Die Beschwerde ist aber nicht begründet, soweit sie sich gegen die Anordnung der Blutentnahme als solche wendet. Das Recht des von der Antragstellerin erwarteten Kindes auf Klärung seiner Abstammung ist als Teil des grundgesetzlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 GG), dem Recht des Totenfürsorgeberechtigten vorrangig (ebenso: OLG München v. 19.1.2000 – 26 UF 1453/99, OLGReport München 2000, 291 = FamRZ 2001, 126). Dies folgt auch aus dem im vorliegenden Verfahren ebenfalls anwendbaren § 372a ZPO (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 14. Aufl., § 56b Rz. 19), wonach jede (lebende) Person die Entnahme von Blutproben zum Zweck der Feststellung einer Abstammung dulden muss und eine entsprechende Anordnung nicht anfechtbar ist (§ 355 Abs. 2 ZPO; OLG Dresden, Beschl. v. 30.10.2001 – 10 WF 426/01; v. 28.9.2001 – 10 WF 650/01). Die Beschwerde ist auch nicht aufgrund der aufgezeigten Alternativen zur Blutentnahme am Leichnam begründet; ein Ermessensfehlgebrauch des AG ist daraus nicht abzuleiten.

b) Begründet ist dagegen dieBeschwerde, soweit sie sich gegen die in Ziff. 2 des Beschlusses getroffene Kostenentscheidung wendet. Eine Rechtsgrundlage für die kostenmäßige Beteiligung der Ehefrau des Verstorbenen an dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren gem. § 1600e Abs. 2 BGB ist nicht erkennbar. Die in Beschlussform gefasste Zwischenverfügung des AG vom 20.3.2002 hätte vielmehr – ähnlich einem Beweisbeschluss – ohne jede Kostenentscheidung ergehen müssen. Über die Kosten der Blutentnahme ist erst mit der das Hauptsacheverfahren abschließenden Entscheidung (§ 56b FGG) zu befinden.

III. Die Gerichtskostenfreiheit des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 16 Abs. 1 S. 1 KostO, die Entscheidung zu den außergerichtlichen Auslagen aus § 13a Abs. 1 FGG. Den Beschwerdewert setzt der Senat auf Grundlage des § 30 Abs. 2 KostO fest.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104368

EzFamR aktuell 2002, 350

FPR 2002, 570

MDR 2002, 1070

FamRB 2002, 327

OLG-NL 2002, 263

OLGR-NBL 2002, 273

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