Leitsatz (amtlich)

Der als Beistand gemäß § 68 b StPO bestellte Rechtsanwalt kann grundsätzlich die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG und - bei Teilnahme an der Hauptverhandlung - auch die Terminsgebühr nach Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 VV RVG verlangen (Fortführung der Rechtsprechung im Beschluss vom 06. November 2007, 2 Ws 495/06).

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Entscheidung vom 07.02.2008; Aktenzeichen 3 KLs 424 Js 52527/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt wird der Beschluss des Landgerichts Dresden vom 07. Februar 2008 aufgehoben.

Die an Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf seinen Antrag vom 07. November 2007 auf 437,92 EUR (vierhundertsiebenunddreißig 92/100 Euro) festgesetzt.

Auf seinen Antrag bereits ausbezahlte oder festgesetzte Gebühren sowie Vorschüsse im Sinne von § 58 RVG sind anzurechnen.

 

Gründe

I.

In der Strafsache gegen wurde Rechtsanwalt dem Zeugen mit Beschluss des Landgerichts Dresden vom 25. Oktober 2007 für die Dauer seiner Vernehmung vor der 3. Strafkammer des Landgerichts gemäß § 68 b StPO als Zeugenbeistand beigeordnet.

Der Zeuge sollte in der Hauptverhandlung am 30. Oktober 2007 um 11.00 Uhr vernommen werden.

Am Tag der Hauptverhandlung erschien Rechtsanwalt um 11.01 Uhr. Eine Vernehmung des Zeugen war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht möglich. Die Verhandlung wurde um 11.04 Uhr unterbrochen und um 12.36 Uhr mit der Vernehmung des Zeugen im Beisein von Rechtsanwalt als Zeugenbeistand fortgesetzt. Der Zeuge wurde um 14.15 Uhr entlassen.

Nachdem das Urteil gegen den Angeklagten am 06. November 2007 rechtskräftig geworden ist, beantragte Rechtsanwalt am 07. November 2007, folgende Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen:

Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG

132,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 4114 VV RVG

216,00 EUR

Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG (pauschal)

20,00 EUR

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG

69,92 EUR

mithin insgesamt

437,92 EUR.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts die an Rechtsanwalt zu zahlende Vergütung auf 223,72 EUR fest. Die Abweichung vom Antrag wurde damit begründet, dass für die Tätigkeit des Zeugenbeistandes lediglich eine Gebühr nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG in Höhe von 168,00 EUR erstattungsfähig sei.

Mit Beschluss vom 07. Februar 2008 hat das Landgericht die dagegen gerichtete Erinnerung, der der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hatte, als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht hat sich dabei den Entscheidungen des 1. und 3. Strafsenats des Oberlandesgerichts Dresden (1 Ws 28/07; 1 Ws 138/07; 1 Ws 173/07 und 3 Ws 85/07) angeschlossen, wonach die Tätigkeit als Zeugenbeistand eine Einzeltätigkeit sei.

Gegen den am 11. Februar 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13. Februar 2008 eingegangenen Beschwerde von Rechtsanwalt .

II.

1.

Nachdem das Verfahren vor dem Landgericht der Kammer übertragen war, entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Richtern (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG).

2.

Gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG zulässige Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zu der Festsetzung der Gebühren und Auslagen in dem von Rechtsanwalt beantragten Umfang.

Rechtsanwalt kann für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand gemäß § 68 b StPO im vorliegenden Fall sowohl die Grundgebühr gemäß Nr. 4100 VV RVG als auch die Terminsgebühr gemäß Nr. 4114 VV RVG beanspruchen.

Der Senat hält an seiner Entscheidung vom 06. November 2007, Az.: 2 Ws 495/06 fest.

Der Auffassung, wonach einem nach § 68 b StPO bestellten Zeugenbeistand nur die Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG zugesprochen werden kann (vgl. zum Meinungs- und Streitstand nur OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Mai 2008, Az.: 5-2 StE 2/05) ist zwar zuzugestehen, dass die "Vorbemerkung 4" alle Abschnitte des Teils 4 des Vergütungsverzeichnisses umfasst und damit auch den Abschnitt 3 über die Einzeltätigkeiten einschließt. Die gegenteilige Auffassung wird jedoch ebenfalls vom Wortlaut der Bestimmung erfasst. Sie wird durch den Willen des Gesetzgebers gestützt, dass es auch dem gerichtlich bestellten Zeugenbeistand möglich sein muss, die Gebühren des Abschnittes 1 zu verdienen, soweit er entsprechende Tätigkeiten erbracht hat. Hierzu merkt der Senat in Fortführung seines Beschlusses vom 06. November 2007 Folgendes an:

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1971, S. 145 f.) soll die Tätigkeit des Rechtsanwalts erstmalig als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen ausdrücklich geregelt werden. Danach soll der Rechtsanwalt für diese Tätigkeit die gleichen Gebühren wie ein Verfahrensbevollmächtigter in dem entsprechenden Verfahren erhalten. Schon aus dieser Formulierung, die sich an anderer Stelle des Gesetzesentwurfes (S. 220 - "Gebühren wie ein Verteidiger" -) in ähnlicher Weise wiederfindet, wird deutlich, dass der Gesetzgeber in erster Linie den Abschnitt 1 des Teils 4 des Vergütungsverzeichnisses, nicht aber de...

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