Leitsatz (amtlich)

Ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 46 Abs. 1 GBV i.V.m. § 12 Abs. 3 GBO, Einsicht in die Grundakten zu nehmen und dadurch den vereinbarten Kaufpreis zu erfahren, hat der Grundstücksmakler allenfalls dann, wenn eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit für die behauptete Entstehung eines nach der Kaufpreishöhe zu berechnenden Provisionsanspruchs spricht.

 

Verfahrensgang

AG Grimma (Beschluss vom 28.10.2009; Aktenzeichen AB-391-9)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Grimma (Grundbuchamt) vom 28.10.2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Beschwerdewert: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte möchte zur Berechnung einer Maklerprovision den Kaufpreis in Erfahrung bringen, den die Grundstückskäufer, die ihr nach ihrer Darstellung eine Provision für den Nachweis dieser Vertragsgelegenheit schulden, mit den Verkäufern vereinbart haben. Das entsprechende, nach dem 1.9.2009 an das Grundbuchamt gerichtete Einsichtsgesuch hat der Rechtspfleger am 28.10.2009 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die beim Grundbuchamt eingelegte Beschwerde der Beteiligten. Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel am 24.11.2009 nicht abgeholfen und es dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Vorlage und Beschwerde sind zulässig.

1. Aufgrund des Eingangs des Akteneinsichtsgesuchs nach dem 1.9.2009 gelangt insgesamt, also auch für den Rechtsmittelzug, das neue Verfahrensrecht zur Anwendung.

2. Da der Rechtspfleger des Grundbuchamtes, wie die erteilte Rechtsmittelbelehrung zusätzlich unterstreicht, in eben dieser Funktion und damit nicht der grundsätzlich gem. § 12c Abs. 1 Nr. 1 GBO zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle entschieden hat, die getroffene Entscheidung andererseits aber in jedem Falle wirksam ist (§ 8 Abs. 5 RPflG), unterliegt die angegriffene Entscheidung, obwohl dadurch von § 12c Abs. 4 GBO abgewichen wird, der Beschwerde gem. § 71 Abs. 1 GBO (vgl. zum alten Verfahrensrecht BayObLG Rpfleger 1997, 101 m.w.N.). Über das Rechtsmittel hat nach Nichtabhilfe gem. § 72 GBO das OLG zu entscheiden.

3. Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gewahrt.

III. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Zu Recht hat das Grundbuchamt den allein auf Kenntniserlangung vom Kaufpreis gerichteten Antrag, Einsicht in die Grundakten zu gewähren, mit der Begründung abgelehnt, die Beteiligte habe ein berechtigtes Interesse nicht ausreichend dargelegt, § 12 Abs. 1 GBO.

1. Im Ausgangspunkt erweitert § 12 Abs. 3 GBO i.V.m. § 46 Abs. 1 GBV den Gegenstand möglicher Akteneinsicht allerdings über § 12 Abs. 1 GBO hinaus auf die gesamten Grundakten. Das kann schwerlich anders verstanden werden, als dass gegebenenfalls auch eine Einsicht in gem. § 10 GBO zu den Grundakten genommene Kaufverträge zu bewilligen ist. Dementsprechend wird die Zulässigkeit einer solchen, zwangsläufig Informationen über den vereinbarten Kaufpreis preisgebenden Einsicht in der Rechtsprechung nicht angezweifelt, sondern im Grundsatz bejaht (vgl. LG Stuttgart NJW-RR 1996, 532 und ZEV 2005, 313 mit zustimmender Anmerkung Damrau).

2. Dies ändert aber nichts daran, dass ein berechtigtes Interesse auch und gerade an der "erweiterten" Grundbucheinsicht dargelegt werden muss. Dabei darf nicht aus dem Blickfeld geraten, dass Informationen über den Kaufpreis nicht zum eigentlichen Grundbuchinhalt gehören, auf dessen Publizität § 12 Abs. 1 GBO zielt (KG NJW-RR 2004, 2316). Da die uneingeschränkte Gestattung einer Einsicht in die Grundakten im Vergleich zur bloßen Erlaubnis, den ohnehin in weitem Umfang publiken Grundbuchinhalt einzusehen, das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kaufvertragsparteien in weit stärkerem Maße berühren kann, ist zur Rechtfertigung dieses erheblichen Grundrechtseingriffs eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung vonnöten, ob tatsächlich ein berechtigtes, also nach allgemeiner Ansicht verständiges, je nach Sachlage ausreichendes, gegebenenfalls auch bloß wirtschaftliches Interesse des Antragstellers an der Einsicht vorliegt (vgl. KG, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als derjenige, der durch eine so weitgehende Akteneinsichtsgewährung in seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht betroffen ist, weder im Vorfeld der Entscheidung anzuhören (BVerfG NJW 2001, 503) noch im Nachgang beschwerdeberechtigt ist (BGHZ 80, 126).

3. Ob das Grundbuchamt unter diesen Umständen einem Käufernachweismakler, der - wie hier - um den Kaufvertragsschluss als solchen weiß, die Vereinbarung zur Kaufpreishöhe überhaupt zugänglich machen darf, erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil der Makler den Kaufpreis vom zahlungsunwilligen Kunden, so die weiteren Voraussetzungen eines Provisionsanspruchs vorliegen, im Rahmen einer Stufenklage in Erfahrung bringen kann. Überdies ist vorliegend nicht einmal konkret dargetan, dass die Grundstücksverkäufer, die der Beteiligten nach dem Vorbringen der Beschwerde einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Auftrag zur Heranführung von Kaufinteressenten erteilt haben und deshalb ebenfalls ausk...

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